Bericht Shark Info
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Haiflossensuppe: Statussymbol und Auslöser
des Booms im Flossenhandel.
© D. Perrine / Hai-Stiftung
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Haifleisch wird nahezu weltweit gegessen. In einigen Drittweltländern
gilt es sogar als die primäre Proteinquelle. Eine nachhaltige
Verwertung von Haifleisch unter Berücksichtigung von Fangbegrenzungen
und Schonzeiten ist durchaus vertretbar. Inakzeptabel sind jedoch die
weltweit zunehmenden Auswüchse des Raubbaus an den Haibeständen wie zum
Beispiel das Abschneiden der Flossen zur Herstellung von Haiflossensuppe
(«Finning»).
Der Ursprung der Haiflossensuppe liegt mehr als 2000 Jahre zurück und
wird im südlichen China vermutet. Neben dem eigentlichen Nährwert ist
die Haiflossensuppe hauptsächlich ein soziales Ereignis und Statussymbol
geworden. Da die Suppen-Haiflosse aus Knorpelstäbchen besteht, die
keinerlei Eigengeschmack haben, wurde die soziale Stellung einer Familie
in asiatischen Regionen davon abhängig gemacht, wie gut oder vielseitig
ihr Koch Haiflossen-Gerichte herstellen konnte. Bis heute wird
Haiflossensuppe bevorzugt an Hochzeiten, zu Geburtstagsfeiern,
Geschäftsanlässen oder auch dem chinesischen Hauptereignis, dem
chinesischen Neuen Jahr serviert. Dabei wird der Wohlstand der
einladenden Gesellschaft an der Breite und Dicke der Knorpelstäbchen
gemessen, da diese den Preis der Flossen bestimmen.
Der Haiflossenmarkt nimmt ständig zu. Da nahezu keine Gesetze oder
Regulierungen bezüglich Finning existieren, gibt es nur fragmentarische
Mengenangaben zu Importen und Exporten. Die wenigen Zahlen, die bekannt
sind, lassen jedoch Schlimmes erahnen.
1980 wurden nach offiziellen
Angaben weltweit ca. 3000 Tonnen Haiflossen gehandelt. Eine Menge, die
in Wirklichkeit sicher um ein Mehrfaches höher lag.
Statistiken aus
Taiwan, Singapur und dem Weltzentrum des Flossenhandels Hong Kong deuten
auf ein explosionsartiges Wachstum des Handels mit Haiflossen hin. 1999
wurden nach offiziellen Angaben der Zollbehörden von Hong Kong 6954
Tonnen Haiflossen zum Wiederexport freigegeben. Sie gingen vorwiegend
nach Taiwan, Singapur, Malaysia, Korea und China. Alleine China
importierte 3000 Tonnen Flossen aus Hong Kong.
China muss heute als der
grösste Absatzmarkt für Haiflossen angesehen werden. Durch die Lockerung
der Gesetze und die Akzeptanz westlichen Wohlstands entstand eine
Mittelschicht, die sich nun Haiflossensuppe leisten kann, die ca. 250
Millionen Menschen umfasst. Bis 1987 war China nur unwesentlich am
Flossenhandel und -konsum beteiligt, da die Regierung sich gegen
Wohlstand aussprach und Haiflossensuppe als unpassendes Statussymbol
angesehen wurde. Durch den Aufschwung von Bejing und Shanghai wurde für
die neue Mittelklasse eine Grundlage für Wohlstand und damit auch ein
Absatzmarkt für Haiflossen geschaffen. Entsprechend hat China selbst
begonnen, Haie zu fischen. Die Mengen sind nicht bekannt, doch stieg die
Anzahl von Hochleistungsschiffen (500 BRT), die dafür geeignet sind, von
einem Schiff im Jahre 1975 auf 26 Schiffe im Jahre 1992. 1996 hatte
Shanghai alleine bereits 64 Schiffe. Chinesische Fangschiffe werden
vorwiegend im Nordpazifik, dem Atlantik und im indischen Ozean
gesichtet.
Taiwan rangiert auf Platz fünf im weltweiten
Haiflossenhandel. Es unterhält die weltweit grösste Fischereiflotte, die
primär in internationalen Gewässern fischt, weg von den eigenen
Hoheitsgewässern. Lokale taiwanesische Fischer landen ca. 430 Tonnen
Fische jährlich, während die international arbeitenden taiwanesischen
Flotten nach offiziellen Angaben rund 34000 Tonnen Fische fangen. Diese
Zahl liegt jedoch erfahrungsgemäss weit unter der effektiv eingebrachten
Menge. Erstaunlicherweise verarbeitet die lokale Fischerei den gesamten
Hai, während die taiwanesische Hochseefischerei nur an Flossen
interessiert ist. 1998 besass Taiwan 2325 Longliner, 1530 Kiemennetzer,
2161 «Otter Trawlers», 56 «Bull Trawlers», und eine unbekannte Anzahl
von «Schleppnetz» Fischerbooten. In diesen Zahlen sind die FOC Schiffe
(Flag of Convenience, siehe Kasten), also unter fremder Flagge
registrierte Schiffe, nicht mit eingerechnet.
Ein weiterer Grund, warum
Taiwan immer mehr zum Dreh- und Angelplatz von Haiflossenprodukten wird,
sind die hohen Importtaxen. Laut Gesetz dürfen nur taiwanesische Schiffe
in Taiwan zollfrei ihre Ladung löschen. Andere Schiffe zahlen einen
Importzoll von 42%. Entsprechend übernehmen taiwanesische Schiffe die
Flossen von anderen Ländern, die nach Taiwan exportieren möchten,
bereits auf hoher See. Einer der wichtigsten solcher Lieferanten ist
Spanien, wobei sich die Kanarischen Inseln immer mehr als ein weiteres
Zentrum für Flossenhandel etablieren.
Neben Taiwan und Hong Kong ist
Singapur ein zusätzliches Flossenhandelszentrum. Singapur selbst
veröffentlicht keine Daten und die Zahlen müssen aufgrund von Exporten
anderer Nationen nach Singapur hochgerechnet werden. Singapur ist eher
ein Umschlagplatz, denn seine Fischereiflotte ist klein.
Vorteile der «Flag of Convenience»
Taiwanesische Schiffe, die unter FOC operieren, sind beispielsweise in
Panama registriert. Ein unter panamesischer Flagge fahrendes,
taiwanesisches Schiff kann so ungestört in den Hoheitsgewässern von
Staaten fischen, die taiwanesischen Schiffen keine Fischereibewilligung erteilen.
1996 fuhren weltweit 20% aller Schiffe unter FOC und brachten 46%
des gesamten Fischereivolumens ein.
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Der Flossenhandel nimmt ständig zu und da Haie immer seltener werden
auch die Preise. Momentan werden bereits bis zu 100 US Dollar pro
Kilogramm bezahlt. Der Flossenmarkt muss bekämpft werden, wenn die
weltweiten Haibestände gerettet werden sollen.
Vereinzelt unternehmen
Regierungen Vorstösse, Finning zu verbieten oder zumindest
einzuschränken, doch wird dies schlussendlich nicht ausreichen, die
Bestände der Weltmeere zu retten. Kanada verbot 1994 das Abschneiden von
Flossen. In der Anfangsphase konnte das Verbot jedoch nicht erfolgreich
durchgesetzt werden. Erst seit Inkrafttreten des Bewirtschaftungsplans
von 1997 wird das Finning-Verbot in gewisser Form garantiert. Brasilien
schloss sich 1998 an und erliess ein Finning-Verbot für alle Schiffe,
die innerhalb Brasiliens 200 Meilen Zone fischen. Ebenso wurde von den
USA im Dezember 2000 ein Finning-Verbot für alle US-Hoheitsgewässer
ausgesprochen. Restriktionen gibt es auch in Südafrika, England,
Mauretanien, Mexiko, Malta, Namibia, Oman, den Philippinen und Israel.
Ein Anfang ist gemacht, es bleibt nur zu hoffen, dass weitere Länder
sich anschliessen.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info
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