Bericht Shark Info
Nach Angaben der FAO (Food and Agriculture Organization) werden jährlich
weltweit rund 800000 Tonnen Haie gefangen und getötet.
Hauptverantwortlich dafür sind relativ wenige Länder wie die USA, Indien
oder Taiwan.
Diese Länder fischen mehr als 9000 Tonnen pro Jahr.
Wo ihre
Fangflotten auftauchen, hinterlassen sie nichts weiter als Öde und
Leere.
Doch nicht nur die Meere sind davon betroffen, sondern auch viele
Menschen, die sich seit Generationen von der traditionellen Haifischerei
ernähren und sich nun einem Problem gegenüber sehen, dem sie nichts
entgegensetzen können.
Argentinien,
Brasilien, Frankreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Malaysia,
Malediven, Mexiko, Neuseeland, Pakistan, Portugal, Spanien, Südkorea,
Sri Lanka, Taiwan, USA
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Mexiko: 80% der gesamten Fangmenge Mexikos stammen aus der
traditionellen Fischerei. Die meisten Fischer sind jedoch nicht nur vom
Verkauf abhängig, Haifleisch ist auch ihre primäre Nahrungsgrundlage.
Einem Bericht der WildAid zu folge, sind nicht nur die Fischer Mexikos
von diesem Problem betroffen, sondern auch die anderer Länder.
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Ein Junghai wird gefinnt. Finning ist
weltweit verbreitet und einer der
Hauptgründe für den Rückgang der globalen Haibestände.
© D. Perrine / Hai-Stiftung
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Indien:
In den abgelegenen Regionen von Pradesh und Tamil Nadu wurden in der
traditionellen Fischerei Fangrückgänge von 70% registriert. Der Grund
dafür sind Longline-Fischer, die ohne Rücksicht auf andere Bedürfnisse
die Meere leer fischen. Gesetze verbieten zwar in einzelnen Regionen
solche Praktiken, es gibt aber keine Möglichkeit diese Überfischung zu
verhindern, da die Finanzen fehlen, die Gewässer zu kontrollieren.
Nicht
nur fremde Flotten plündern die Meere um Indien, sondern auch die
eigenen. In Chennai (Madras) alleine gibt es ein Dutzend Firmen, die
Haiflossen vorwiegend in den asiatischen Raum wie Hong Kong, Taiwan und
Singapur exportieren. Auch diese Händler sehen sich durch einen steten
Rückgang der Haifänge bedroht. In einem Interview gegenüber WildAid
äusserte ein Händler, dass er vor nicht allzu langer Zeit drei Tonnen
Haiflossen mit einer einzigen Fahrt zu zwölf lokalen
Haifischerei-Dörfern sammeln konnte. Heute benötigt er dafür etwa 300
Fahrten. Dieser Händler verarbeitet vorwiegend Schwarzspitzenhaie
(Carcharhinus limbatus) und Hammerhaie (Sphyrna Arten).
Erstaunlich ist,
dass während die traditionelle Fischerei vor dem Zusammenbruch steht,
indische Regierungsstellen 1997 ein Programm für die industriegerechte
Haiflossenverarbeitung ins Leben riefen, um international besser
konkurrieren zu können. Indien ist die grösste Haifischerei Nation der
Welt und fischt jährlich über 130000 Tonnen. Das entspricht 16% der
weltweiten Fänge. Die indische Regierung verlangt weder eine
Fangzahlstatistik der einzelnen Reedereien, noch hat sie einen Plan für
eine nachhaltige Bewirtschaftung der Haibestände in ihren
Hoheitsgewässern.
Kenia: Die traditionellen Fischer Mexikos und Indiens
sind nicht die einzigen, die vom Rückgangg der Haibestände betroffen
sind. Ein Untergang der traditionellen Fischerei ist unabwendbar und
viele Menschen werden den Gürtel noch enger schnallen müssen. So auch in
Ngomeni, einem Fischerdorf im Norden von Kenia. Der Fang einer Nacht
reichte bis anhin aus, um das ganze Dorf zu versorgen und zudem noch
Haie an andere Dörfer verkaufen zu können. Nachdem Longliner und Trawler
die Gegend im Juli 1999 abfischten, reichte ein Fang nicht mal mehr um
das Dorf zu versorgen. Mindestens 20 Trawler wurden in unmittelbarer
Nähe von Ngomeni gesichtet, die mit einer Maschenweite von 3 bis 5 cm
fischten. Mit einer solch geringen Maschenweite wird eine Region nahezu
total abgefischt. Demgegenüber benutzen Fischerleute von Ngomeni eine
Maschenweite von 20 bis 23 cm. Ein Fischer gab zu Protokoll, dass er in
der Mitte der 80er Jahre rund 150 kg Hai pro Tag verkaufen konnte, Mitte
der 90er Jahre waren es noch 2 kg pro Tag. Die kenianische Regierung
stand der Situation nicht tatenlos gegenüber und erliess ein Gesetz, das
ausländischen Trawlern verbietet, in einer fünf Meilen Zone vor der
Küste zu fischen, für Longliner gilt eine 200 Meilen Zone. Doch scheinen
sich die Fischereiflotten nicht darum zu kümmern, um so mehr, da es auch
der kenianischen Regierung an Geld und Personal fehlt, ihre
Hoheitsgewässer effizient zu kontrollieren und Übertretungen zu ahnden.
Bei den sehr vereinzelten Kontrollen täuschen die Trawler meistens die
Kontrolleure, und zeigen ihnen grossmaschige Netze. Für die eigentlichen
Fänge werden jedoch wieder feinmaschige Netze eingesetzt, wie
Augenzeugen berichteten.
Auch in Malindi, einem weiteren traditionellen
Fischerdorf Kenias zeigt sich dasselbe Bild. Haie und Fische müssen aus
Mombassa eingeführt werden, um ein Überleben des Dorfes zu garantieren.
Kongo: In Kongo wurde diesen Sommer ein vorläufiges, generelles
Haifang-Verbot erlassen. In einem Schreiben informierte Minister Djombo
Industriebetriebe und traditionelle Fischer über dieses Verbot und
kündigte empfindliche Geldbussen für eine Missachtung des Verbots an.
Der Zustand der Haipopulationen von Kongo ist vor allem durch das enorm
gestiegene Interesse asiatischer Länder an Haiflossen in einem sehr
bedenklichen Zustand. Einige traditionelle Fischer denken jetzt darüber
nach, die Fischerei ganz aufzugeben, denn ein Umstieg auf andere Arten
wie Sardinen würde sich für sie nicht lohnen.
Südafrika: In Südafrika
sind die meisten Haibestände wahrscheinlich bereits so stark überfischt,
dass die Individuenzahl unter die biologisch notwendige Grenze zur
Erhaltung der Bestände gesunken ist.
Südafrika gilt als ein wichtiges
Zentrum für «Finning». Quantitative Angaben aus diesen Regionen sind
jedoch mit Vorsicht zu behandeln, wie aus vertraulicher Quelle zu
erfahren war. Die Fangzahlen werden frisiert, um Zölle und Abgaben zu
umgehen. Südafrika händigt jährlich 85 Lizenzen an japanische Longliner
und 24 taiwanesische Longliner aus, um in ihrer EEZ (Exklusive
ökonomische Zone) zu fischen. Diese Fangschiffe müssen zwar ihre
Fangstatistiken bekannt geben, um die Lizenzen zu erneuern, doch
entsprechen die Zahlen nicht den wahren Mengen, wie auch offiziellen
Angaben zu entnehmen ist.
Der Erhalt von Haipopulationen ist wichtig, wenn
verhindert werden soll, dass ein lokales Ökosystem zusammenbricht und
alle sich darin befindenden Tiergruppen in Mitleidenschaft gezogen
werden.
Dass solche Zusammenhänge auch durch Computersimulationen
berechnet werden können, zeigen neueste Forschungsergebnisse.
Wissenschafter haben ein Computerprogramm namens ECOSIM entwickelt, das
es ermöglicht, Zusammenhänge, die ein Ökosystem über längere Perioden
beeinflussen, zu studieren.
ECOSIM wurde mit den Daten von drei
verschiedenen, realen Ökosystemen gefüttert: a) einer Schelfregion vor
Venezuela; b) einem Korallenriff in Hawaii und c) einer Freiwasserzone
im nördlichen Pazifik.
Dabei zeigte sich für das Modell der Schelfregion
Venezuelas, dass zwei der wichtigsten Beutefische der Haie zunahmen, als
die Haidichte vermindert wurde, und dass es danach zu einer
signifikanten Zunahme nicht unmittelbar betroffener Beutefische kam.
Ein
sehr ernüchterndes Bild ergab das Modell von Hawaii, als die Tigerhaie
aus dem Modell entfernt wurden. Die unmittelbare Folge war, dass
Riffhaie, Schildkröten, Seevögel, bodenlebende Fische und andere Arten
schnell zunahmen, die Bestände der Thunfische und Makrelen jedoch
vollständig zusammenfielen. Der primäre Zusammenhang waren die Seevögel.
Tigerhaie sind eine der wenigen Haiarten, die sich auch von Seevögeln
ernähren. Seevögel wiederum ernähren sich von jungen Thunfischen und
Makrelen. Ebenso sind Thunfische und Makrelen verantwortlich für die
Dichte der bodenlebenden Fische, die ihrerseits nun nicht mehr gefressen
wurden.
Auch das letzte Modell in der nördlichen Pazifikregion zeigte
vergleichbare Resultate, als die Haidichte reduziert wurde. Auch dort
nahmen einzelne Tiergruppen drastisch an Zahl zu, gefolgt von einer
langsamen, aber stetigen Abnahme anderer.
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Die FAO (Food and Agricultural Organization; Welternährungsorganisation)
hat die Bedrohung von vielen weltweiten Fisch- und Haibeständen erkannt
und einen Verhaltenskodex für die nachhaltige Befischung der nationalen
Bestände erstellt. Betroffenen Ländern wird darin nahegelegt, den
geplünderten Haibeständen durch einen Bewirtschaftungsplan die
Möglichkeit zu geben, sich wieder zu erholen.
Die Zeichen sind deutlich
und der Überfischung der Haie muss entgegengetreten werden. Nur so kann
verhindert werden, dass immer mehr Landstriche, die sich seit
Jahrhunderten von der traditionellen Fischerei ernähren, zu Grunde
gehen.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info
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