Von Volker Berbig
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Ein Glatter Hammerhai (Sphyrna zygaena).
© Innerspace Visions / Hai-Stiftung
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Im Mittelmeergebiet, an der Atlantikküste und überall dort, wo Häfen als
Tourismusattraktion gelten, findet man sie: kleine und grössere Ozeanarien und
Aquarien, welche die lokale Fisch-, Hai- und Wirbellosen-Fauna den Touristen
vorführen. So auch in Caleta de Fuste auf Fuerteventura. Auf dieser Ferieninsel
gibt es ebenfalls ein solches «Ozeanarium», das dort im Hafenbereich gebaut
wurde. Werden solche Einrichtungen professionell und mit wissenschaftlicher
Unterstützung geführt, bringen sie ohne Zweifel die einheimische marine Flora und
Fauna den Besuchern näher. Doch in Caleta de Fuste wurden ohne jeglichen
wissenschaftlichen Rat die verschiedensten Fisch- und Wirbellosenarten in
kleineren Becken zusammengewürfelt. Dass einige Artenzusammensetzungen zu
Problemen führen würden, schien niemanden zu interessieren. Das Ganze wurde als
Zusatzattraktion zu Fahrten in einem Glasbodenboot angeboten und sollte so den
Ticketverkauf ankurbeln.
Um einen wirklich durchschlagenden Erfolg zu garantieren, wurde ein weiteres
Becken gebaut und ein Teil des Hafengeländes abriegelt, um darin Hammerhaie
(Sphyrna zygaena) zu halten. Nachdem schon beim ersten Teil dieses Projektes
keine Wissenschaftler herangezogen wurden, nahmen auch hier die Verantwortlichen
keinerlei Rücksicht auf artgerechte Haltung. So wurde kurz und bündig einfach ein
professioneller Hochseeangler damit beauftragt, einen Hammerhai zu fangen und in
den Hafen zu bringen.
Haie und Grossfische, wie beispielsweise Schwert- oder Thunfische, tragen oft
schwere Verletzungen davon, wenn sie mit Leinen und Haken gefangen werden. Sie
überleben eine solche Tortur - wenn überhaupt - dann nicht unbeschadet, selbst
wenn sie danach wieder freigelassen werden. Obwohl man immer wieder von
Hochseeanglern hört, dass die «Tag & Release» Fischerei (Markieren und
Freilassen) den Tieren nicht schadet, ist dies doch lediglich eine fragwürdige
Rechtfertigung dieses mehr als nur zweifelhaften «Sports».
Entsprechend überlebte der erste Hammerhai den Fang nicht. Beim zweiten Versuch
schaffte man es dann, einen Hammerhai - mehr tot als lebendig - ins Becken zu
zerren. Dass der Transport dieses Tier nahezu tötete - am Schwanz angebunden und
hinter dem Boot hergezogen - interessierte niemanden. Die Fischer wussten nicht,
dass Haie nur ca. 20 % des lebensnotwendigen Sauerstoffs via ihre Kiemen
aufnehmen können, wenn das Wasser von der verkehrten Seite, also von hinten nach
vorne, über die Kiemenlamellen strömt. Bei einer derart verminderten
Sauerstoffzufuhr beginnt sich bei Haien die Schwanzregion zu versteifen. Dies
beeinträchtigt ihre Schwimmbewegungen und kann sie im Extremfall verunmöglichen.
Da Haie zum Atmen jedoch konstant schwimmen müssen, entsteht ein Teufelskreis,
der in Immobilität und dem Tod enden kann.
Die Fischer warfen schlussendlich ein fast ersticktes, schon bedenklich
versteiftes Tier in das Hafenbecken.
Im Becken wurde nun versucht, das knapp 3 m langen Tier zu reanimieren. Man
versuchte es durch das Wasser zu stossen, um den Wasserfluss über die Kiemen zu
erhöhen und so dem Hai wieder genügend Sauerstoff zukommen zu lassen. Man hoffte
dadurch seine zunehmende Versteifung rückgängig machen zu können. Doch das Tier
hatte noch mehr Schäden davongetragen. Es hatte eine grosse Wunde am Hammer, die
wohl durch einen Haken oder Gaff (ein mit einem Haken versehender Stock um Haie
und Fische an Bord zu hieven) verursacht wurde.
Nach knapp einer Stunde im Becken begann das Tier zu zucken und einige Male
kräftig um sich zu schlagen, erschlaffte dann zusehends und starb 20 Minuten
später.
Der Lerneffekt bei den Verantwortlichen war gleich Null. Was zuerst wie ein
einmaliges Trauerspiel aussah, wiederholte sich am nächsten Tag von Neuem und
gleich zwei Hammerhaie wurden ins Becken geworfen. Woher diese beiden Tiere
kamen, konnte nicht festgestellt werden. Es muss jedoch angenommen werden, dass
auch diese beiden mit einem Köder und Haken gefangen und danach ins Hafenbecken
gezerrt wurden. Zwar überlebten beide Hammerhaie die ersten zwei Tage, doch
zeigte einer von ihnen Bissspuren an seinem Hammer. Wenn sich Haie derart
beissen, ist dies ein Zeichen für viel zu enge Raumverhältnisse. Dass auch jetzt
noch nicht gehandelt und der Hai freigelassen wurde, ist leider nicht
verwunderlich. So starb auch der verletzte Hai innerhalb einer Woche.
Eine nahegelegene Tauchschule mit guten Beziehungen zur lokalen Polizeibehörde,
der Guardia Civil, alarmierte deren Tierschutz-Abteilung. Diese erwirkte, dass
vorerst keine weiteren Haie mehr gefangen werden dürfen und ordnete zudem an,
dass das noch im Becken verbliebene Tier wieder freigelassen werden musste. Das
Ozeanarium erhielt weiterhin die Auflage, dass in regelmässigen Abständen ein
Meeresbiologe die Tiere ansehen und deren Gesundheitszustand kontrollieren müsse.
Derartige Kontrollen sind ein wichtiger Schritt hin zu artgerechterer
Tierhaltung. Doch solange eine Kontrolle nur innerhalb eines vorgeschriebenen
Plans erfolgt und kein entsprechendes Arteninventar existiert, werden weiterhin
Tiere ihren Weg ins Ozeanarium finden und längst wieder verschwunden sein, bevor
die nächste Kontrolle erfolgt.
* Volker Berbig Deep Blue S.L.,
Caleta de Fuste, Fuerteventura
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Volker Berbig
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