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Shark Info   (15.12.2001)

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  Intro:

Trauerspiel

Shark Info

  Hauptartikel:

Trauerspiel um Hammerhaie auf Fuerteventura

Volker Berbig

  Artikel 1:

Verbot von Haifütterungen in Florida

Dr. E. K. Ritter

  Artikel 2:

Kontrolliertes Haitauchen in Südafrika

Andrew C. Cobb

  Artikel 3:

Fragen und Antworten

Shark Info

  Fact Sheet:

Glatter Hammerhai

Dr. E. K. Ritter


Trauerspiel um Hammerhaie auf Fuerteventura

Von Volker Berbig

Glatter Hammerhai

Ein Glatter Hammerhai (Sphyrna zygaena).

© Innerspace Visions / Hai-Stiftung

Im Mittelmeergebiet, an der Atlantikküste und überall dort, wo Häfen als Tourismusattraktion gelten, findet man sie: kleine und grössere Ozeanarien und Aquarien, welche die lokale Fisch-, Hai- und Wirbellosen-Fauna den Touristen vorführen. So auch in Caleta de Fuste auf Fuerteventura. Auf dieser Ferieninsel gibt es ebenfalls ein solches «Ozeanarium», das dort im Hafenbereich gebaut wurde. Werden solche Einrichtungen professionell und mit wissenschaftlicher Unterstützung geführt, bringen sie ohne Zweifel die einheimische marine Flora und Fauna den Besuchern näher. Doch in Caleta de Fuste wurden ohne jeglichen wissenschaftlichen Rat die verschiedensten Fisch- und Wirbellosenarten in kleineren Becken zusammengewürfelt. Dass einige Artenzusammensetzungen zu Problemen führen würden, schien niemanden zu interessieren. Das Ganze wurde als Zusatzattraktion zu Fahrten in einem Glasbodenboot angeboten und sollte so den Ticketverkauf ankurbeln.

Um einen wirklich durchschlagenden Erfolg zu garantieren, wurde ein weiteres Becken gebaut und ein Teil des Hafengeländes abriegelt, um darin Hammerhaie (Sphyrna zygaena) zu halten. Nachdem schon beim ersten Teil dieses Projektes keine Wissenschaftler herangezogen wurden, nahmen auch hier die Verantwortlichen keinerlei Rücksicht auf artgerechte Haltung. So wurde kurz und bündig einfach ein professioneller Hochseeangler damit beauftragt, einen Hammerhai zu fangen und in den Hafen zu bringen.

Haie und Grossfische, wie beispielsweise Schwert- oder Thunfische, tragen oft schwere Verletzungen davon, wenn sie mit Leinen und Haken gefangen werden. Sie überleben eine solche Tortur - wenn überhaupt - dann nicht unbeschadet, selbst wenn sie danach wieder freigelassen werden. Obwohl man immer wieder von Hochseeanglern hört, dass die «Tag & Release» Fischerei (Markieren und Freilassen) den Tieren nicht schadet, ist dies doch lediglich eine fragwürdige Rechtfertigung dieses mehr als nur zweifelhaften «Sports».
Entsprechend überlebte der erste Hammerhai den Fang nicht. Beim zweiten Versuch schaffte man es dann, einen Hammerhai - mehr tot als lebendig - ins Becken zu zerren. Dass der Transport dieses Tier nahezu tötete - am Schwanz angebunden und hinter dem Boot hergezogen - interessierte niemanden. Die Fischer wussten nicht, dass Haie nur ca. 20 % des lebensnotwendigen Sauerstoffs via ihre Kiemen aufnehmen können, wenn das Wasser von der verkehrten Seite, also von hinten nach vorne, über die Kiemenlamellen strömt. Bei einer derart verminderten Sauerstoffzufuhr beginnt sich bei Haien die Schwanzregion zu versteifen. Dies beeinträchtigt ihre Schwimmbewegungen und kann sie im Extremfall verunmöglichen. Da Haie zum Atmen jedoch konstant schwimmen müssen, entsteht ein Teufelskreis, der in Immobilität und dem Tod enden kann.
Die Fischer warfen schlussendlich ein fast ersticktes, schon bedenklich versteiftes Tier in das Hafenbecken.

Im Becken wurde nun versucht, das knapp 3 m langen Tier zu reanimieren. Man versuchte es durch das Wasser zu stossen, um den Wasserfluss über die Kiemen zu erhöhen und so dem Hai wieder genügend Sauerstoff zukommen zu lassen. Man hoffte dadurch seine zunehmende Versteifung rückgängig machen zu können. Doch das Tier hatte noch mehr Schäden davongetragen. Es hatte eine grosse Wunde am Hammer, die wohl durch einen Haken oder Gaff (ein mit einem Haken versehender Stock um Haie und Fische an Bord zu hieven) verursacht wurde.

Nach knapp einer Stunde im Becken begann das Tier zu zucken und einige Male kräftig um sich zu schlagen, erschlaffte dann zusehends und starb 20 Minuten später.

Der Lerneffekt bei den Verantwortlichen war gleich Null. Was zuerst wie ein einmaliges Trauerspiel aussah, wiederholte sich am nächsten Tag von Neuem und gleich zwei Hammerhaie wurden ins Becken geworfen. Woher diese beiden Tiere kamen, konnte nicht festgestellt werden. Es muss jedoch angenommen werden, dass auch diese beiden mit einem Köder und Haken gefangen und danach ins Hafenbecken gezerrt wurden. Zwar überlebten beide Hammerhaie die ersten zwei Tage, doch zeigte einer von ihnen Bissspuren an seinem Hammer. Wenn sich Haie derart beissen, ist dies ein Zeichen für viel zu enge Raumverhältnisse. Dass auch jetzt noch nicht gehandelt und der Hai freigelassen wurde, ist leider nicht verwunderlich. So starb auch der verletzte Hai innerhalb einer Woche.

Eine nahegelegene Tauchschule mit guten Beziehungen zur lokalen Polizeibehörde, der Guardia Civil, alarmierte deren Tierschutz-Abteilung. Diese erwirkte, dass vorerst keine weiteren Haie mehr gefangen werden dürfen und ordnete zudem an, dass das noch im Becken verbliebene Tier wieder freigelassen werden musste. Das Ozeanarium erhielt weiterhin die Auflage, dass in regelmässigen Abständen ein Meeresbiologe die Tiere ansehen und deren Gesundheitszustand kontrollieren müsse. Derartige Kontrollen sind ein wichtiger Schritt hin zu artgerechterer Tierhaltung. Doch solange eine Kontrolle nur innerhalb eines vorgeschriebenen Plans erfolgt und kein entsprechendes Arteninventar existiert, werden weiterhin Tiere ihren Weg ins Ozeanarium finden und längst wieder verschwunden sein, bevor die nächste Kontrolle erfolgt.

* Volker Berbig Deep Blue S.L., Caleta de Fuste, Fuerteventura

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Volker Berbig



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modifiziert: 04.06.2016 11:48