Der Hai - Ein Tier mit schwacher Lobby
Bericht Shark Info
Haie sind an der Konferenz des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES)
vom 9. bis 20. Juni in Harare kein Verhandlungsgegenstand für die Rote Liste. Einer
der Hauptgründe: riesige Informationslücken.
«Noch immer gibt es keine internationalen Verträge, die eine sogenannte nachhaltige
Haifischerei garantieren würden», sagt Michael Sutton vom WFF International und
Direktor der Kampagne zum Schutz der gefährdeten Meere. Ansätze dafür gibt es erst
in den USA, Kanada, Neuseeland, Australien und Südafrika. Es bestünden riesige Informationslücken
über die Bedrohung durch den globalen Handel von Haiprodukten, so Steven Broad, Geschäftsführer
von TRAFFIC, einer auf Handelsfragen spezialisierten WWF-Tochter: «Wir wissen nur, dass
der Handel gewaltig ist, die Haie extrem gefährdet und
die meisten Fischindustrien unkontrolliert sind.» Die Stimmen über eine nachhaltige
Nutzung, sprich selektivere Fangmethoden werden immer lauter. Die Frage des
Haischutzes sei politisch eine «sehr sensible» Angelegenheit, sagt Sarah Fowler, Vorsitzende
der Haispezialistengruppe (SSG) der Internationalen Naturschutz-Union (IUCN). Bei
den Schutzbemühungen gibt es vielerlei Hürden. Eine davon ist eine fragwürdige
Beschäftigungspolitik. So subventionieren Regierungen in aller Welt ihre Fischerei-Industrien
jedes Jahr mit 54 Milliarden Dollar - diese enorme Summe steht Fischereierträgen
von nur gerade 70 Milliarden Dollar gegenüber. Die Fischerei ist damit die
höchstsubventionierteste Industrie der Welt - mit verheerenden Folgen für die Ökosysteme der
Meere. Dazu gehören auch die rund 380 Haiarten, von denen heute rund 70 in besorgniserregendem
Zustand sind. Haie spielen als Top- und Superräuber in den marinen Nahrungsketten die
Schlüsselrolle.
Als erstes müsste vor allem der Beifang reduziert werden. Von den schätzungsweise
1,3 Millionen Tonnen Haien, die weltweit jedes Jahr gelandet werden sind laut einer
konservativen Schätzung der FAO etwa 230 000 bis 240 000 Tonnen Beifang, der als
«Abfall» wieder über Bord geworfen wird. Eine Reduktion des Beifanges bedingt selektivere
Fischereimethoden, was erhebliche Mehrkosten bedeuten würde. Selbst wenn Haiarten
auf einen der Anhänge des Washingtoner Artenschutzabkommens gesetzt würden, wäre
die Durchsetzung der internationalen Rechtsverbindlichkeit mangels genügender finanzieller
Mittel und Kontrollen kaum möglich. Wie beim Tropenholz kommt Haifleisch in vielen
Erscheinungsformen auf den Markt. So ist es kaum möglich zu bestimmen, ob im
Endprodukt eine Haiflosse steckt, die von einer bedrohten Art kommt oder nicht. «Die Kontrolle
müsste vor Ort, auf den Fabrikschiffen auf hoher See erfolgen», meint Thomas
Althaus vom Schweizerischen Bundesamt für Veterinärwesen in Bern zum Problem der
Umsetzung eines möglichen CITES-Abkommens: «Es macht wenig Sinn, Arten auf den CITES-Index
zu setzen, wenn er nicht vollziehbar ist», meint auch Monica Borner vom WWF Schweiz.
Ausserdem bestünden über die Verbreitung der Haie noch sehr wenige
Daten. «Wir müssen baldmöglichst einen Konsens über den
Schutz von Haiarten finden»,
fordert eindringlich Obduelo Menghi, wissenschaftlicher Koordinator der CITES in
Genf. «Ohne Einigkeit darüber, wie der Vollzug zum Schutz bedrohter Haiarten
erfolgen soll, macht ein CITES-Abkommen wenig Sinn.»
Doch selbst, wenn die Kontrollen funktionieren würden, bedeutete dies nicht, dass
Arten auf der Roten Liste für immer geschützt wären. Jede Art kann nämlich aufgrund
einer Resolution wieder von der Liste entfernt werden oder eine Zurückstufung des
Schutzsstatus erhalten. So wird zum Beispiel in Harare aufgrund einer Eingabe von Zimbabwe,
Botswana und Namibia darüber abgestimmt, ob Nashörner zurückgestuft werden, um das
Nashorn-Elfenbein wieder in den Handel bringen zu können. Ähnliches gilt auch für
den Zwergwal, für den Japan und Norwegen in einer Resolution eine Zurückstufung verlangen.
Vorschläge für Arten, die unter den CITES-Kriterien geschützt werden sollen, müssen
von staatlichen Stellen beim CITES-Sekretariat in Genf eingereicht werden. Nichtstaatliche
Organisationen wie IUCN, WWF und andere haben lediglich Beraterstatus. Im
Hinblick auf Harare gab es keine Regierung, die sich den Haien annahm. Einzig die USA reichte
rechtzeitig - 150 Tage vor der Konferenz - eine Resolution ein, die sämtliche Sägefischarten
(dem Hai verwandte Rochen) auf den Anhang I setzen möchte. Dieser Anhang enthält
vom Aussterben bedrohte Arten, für die ein Handel auf internationaler Ebene verboten
ist.
Obwohl nun keine Haie auf die Rote Liste kommen, wird der WWF der USA in Harare sämtlichen
Delegierten eine Liste mit den zehn «am meisten gewünschten» zu schützenden
Arten aushändigen. Darauf ist zum Beispiel der Makohai, der besorgniserregende Bestände
erreicht hat. Um die Marktbedürfnisse zu befriedigen, werden in Kalifornien
bereits juvenile, nicht fortpflanzungsfähige Tiere gefangen.
In Harare wird auch ein mehrhundertseitiger TRAFFIC-Report («Übersicht über den
Welthandel für Haie und andere Knorpelartige») zur Diskussion gestellt. Darin
stellt TRAFFIC, die auf Handelskontrollen spezialisierte WWF-Tochter, erste Schritte
zur Erfassung des Schadenausmasses und der Kontrolle vor. Am Report haben die Haispezialistengruppe
(SSG) und die «Species Survival Commission» der IUCN mitgearbeitet.
Das «Animals Comittee» der CITES (Convention on International Trade in Endangered
species of Wild Flora and Fauna) tagt in Harare zum zehnten Mal. Der CITES gehören
135 Mitgliedstaaten an; zur Zeit sind etwas mehr als 2500 Tierarten und 30 000
Pflanzenarten unter verschiedenen Kategorien (Appendix I bis III) geschützt, bzw. im Handel
kontrolliert und eingeschränkt.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info
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