Bericht Shark Info
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Die Weissen Haie (Carcharodon carcharias) gehören
zu den am meisten bedrohten Haien. Dennoch werden sie immer noch gefangen und ihr Fleisch landet auf den
Fischmärkten.
© Klaus Jost / Hai-Stiftung
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Der Weisse Hai (Carcharodon carcharias) ist weltweit die bestgeschützte Haiart. Er
erscheint in der Roten Liste der IUCN (International Union for Conservation of Nature) unter
den «verletzlichen» Arten (Kategorie A1bcd+2cd). Bei CITES wird er momentan noch im
Anhang III geführt, das heisst, dass der Handel mit Weissen Haien überwacht werden
muss. Anstrengungen werden von Seiten Australiens und der USA unternommen, die
Weissen Haie in den Anhang I von CITES aufzunehmen. Im Anhang I werden Tiere und
Pflanzen geführt, die direkt vom Aussterben bedroht sind. Der Handel mit Anhang I Arten
ist, ausser für wissenschaftliche Zwecke, global untersagt.
Doch trotz aller Anstrengungen, die Weissen Haie zu schützen, ist die effektive
Durchsetzung von Schutzmassnahmen auf der Ebene des internationalen Handels äusserst
problematisch. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es zur Zeit noch fast unmöglich ist, den
Handel mit Weissen Haien nachzuweisen. Speziell dort, wo neben Weissen Haien auch
nahe verwandte Arten, die nicht unter Schutz stehen, gehandelt werden, ist die
Identifikation von ihrem Fleisch, ihren Flossen oder von bereits verarbeiteten Rümpfen
beinahe unmöglich. Vor diesem Problem stehen die Haischützer und Zollüberwacher
natürlich nicht nur bei Haien, dies gilt für alle geschützten Arten, deren Schwesterarten
gehandelt werden dürfen.
Im Labor von Professor Mahmood Shivji an der Nova Universität, Dania Beach, Florida,
wurde nun eine einfache Methode entwickelt, um auch für kleinste Gewebeproben
nachzuweisen, ob sie von Weissen Haien stammen. Die Methode kann auch dann
erfolgreich eingesetzt werden, wenn überprüft werden muss, ob in einem Gemisch aus
Gewebe unterschiedlichster Haiarten, wie z.B. in Knorpelpräparaten, auch Teile von
Weissen Haien verarbeitet wurden.
Prof. Shivji arbeitet seit mehreren Jahren im Bereich der molekularbiologischen Analyse
von Haien und ihrer Identifikation. Die Hai-Stiftung unterstützt seine für den Haischutz sehr
wichtige Forschung seit Anfang 2000.
Bis anhin erforschte Prof. Shivji die Identifikation verschiedener, kommerziell genutzter
Haiarten anhand kleinster Gewebeproben. Er kann mit seinen molekularbiologischen
Methoden, über die wir in «Die Molekularbiologie hilft Haie zu schützen» (Shark Info
1/2000) berichteten, 16 verschiedene Haiarten identifizieren.
Diese Methoden sind für statistische Analysen von Fängen und wissenschaftliche
Untersuchungen ausreichend sicher, doch im internationalen Handel wird mit harten
Bandagen gekämpft. Nachweismethoden, die vor internationalen Gerichten anerkannt
werden sollen, müssen doppelte und dreifache Sicherungen enthalten. Die neue Methode,
die in Prof. Shivjis Labor entwickelt wurde, arbeitet mit fünf Sonden in einem einzigen
Arbeitsschritt (Pentaplexer PCR-Test) und wird diesen Anforderungen mit grösster
Wahrscheinlichkeit genügen.
Während die «einfache» Methode nur ein besonders gut geeignetes Gen untersucht,
beinhaltet die neue Nachweismethode für Weisse Haie die gleichzeitige Analyse von einer
Basensequenz des Zellkerns und einem Gen aus den Mitochondrien im selben
Arbeitsschritt. Da sie die Differenzen der DNA zweier Zellorganellen nutzt, wird sie auch als
Bi-Organellen-Test bezeichnet. Als zusätzliche Sicherheit ist bei dem Test noch eine
weitere Reaktion eingebaut, durch die festgestellt werden kann, ob die Nachweisreaktion
überhaupt stattgefunden hat.
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Mit Hilfe einer sogenannten Agarose Gel-Elektrophorese
werden die Reaktionsprodukte des Bi-Organellen PCR Tests sichtbar gemacht.
Mit dieser Methode kann Gewebe von Weissen Haien anhand des Bandenmusters
eindeutig identifiziert werden.
© Mahmood Shivji / Hai-Stiftung
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Shivji hat seinen Bi-Organellen-Test zudem sehr intensiv getestet. Zuerst musste
festgestellt werden, ob wirklich die richtigen Erkennungs-Sequenzen aus dem Genom der
Weissen Haie ausgewählt wurden.
Die Sequenzen mussten spezifisch für Weisse Haie sein, durften aber nicht so spezifisch
sein, dass sie nur gewisse Populationen der Weissen erkennen. Shivji testete also
Gewebeproben von 53 Weissen Haien, die in allen Regionen der Ozeane gesammelt
wurden. Alle 53 Haiproben wurden vom seinem Test als positiv erkannt.
In einem zweiten Schritt musste festgestellt werden, ob der Test spezifisch genug ist,
Weisse Haie von ihren Schwesterarten zu unterscheiden, denn hier besteht in der Praxis
die grösste Verwechslungsgefahr. Shivji testete also vier andere Arten der Familie
Lamnidae: Heringshaie (Lamna nasus), Kurzflossen Mako (Isurus oxyrinchus), Langflossen
Mako (Isurus paucus) und Lachshaie (Lamna ditropis). Auch hier bestand der Test. In allen
vier Fällen verlief der Test negativ. Er war also spezifisch genug, um auch sehr nahe
verwandte Arten von den Weissen unterscheiden zu können.
Für den Einsatz in der Fischfangindustrie mussten nun weitere Haiarten getestet werden,
speziell die Arten der Ordnungen der Makrelenhaie (Lamniformes) und der Grundhaie
(Carcharhiniformes), die den grössten Teil der kommerziell befischten Haiarten darstellen,
sowie, sicherheitshalber, diverse Arten von anderen Ordnungen.
Für diese Tests wurde die DNA von verschiedenen Haiarten gemischt und das Gemisch mit
der neuen Nachweismethode getestet. Auch hier war der Test erfolgreich. Er zeigte
hochspezifisch nur dann ein positives Resultat, wenn im Gemisch DNA von Weissen Haien
vorhanden war.
Alles in allem wurden 68 verschiedene Haiarten getestet. In allen Fällen erfüllte der Bi-
Organellen-Test sämtliche Anforderungen an seine Zuverlässigkeit.
Schlussendlich spielen beim Artenschutz auch finanzielle Aspekte eine wichtige Rolle.
Shivjis Test benötigt keine Reagenzien oder Laboreinrichtungen, die nicht in jedem
standardmässig ausgerüsteten biochemischen Labor vorhanden wären. Durch seine hohe
Spezifität können zudem 10 Proben gleichzeitig in nur einem Reagenzglas mit nur einem
Satz der relativ teuren Reagenzien analysiert werden.
Die Publikation dieser Resultate in einer wissenschaftlichen Zeitschrift steht kurz bevor.
Sobald dies geschehen ist, wird CITES und anderen in den Haischutz involvierten
Organisationen wie der FAO (Food and Agricultural Organization) ein wertvolles Hilfsmittel
zur Identifikation der Weissen Haie zur Verfügung stehen. Nationen, die sich dem Schutz
der Weissen Haie bisher entgegenstellen und statuierten, dass man die Weissen im Handel
ja nicht identifizieren könne, wird die Argumentationsbasis genommen.
Die einfach zu handhabende Anwendung des Bi-Organellen-Tests ermöglicht auch eine
gross angelegte Überwachung von Handelsware, in der Teile von Weissen Haien vermutet
werden können.
Der Bi-Organellen-Test für Weisse Haie wird wohl zuerst in den Ländern zur Anwendung
kommen, die bereits jetzt schon die Weissen Haie unter Schutz gestellt haben. Er hat
jedoch das Potential, weltweit eingesetzt werden zu können, sobald die Weissen global
unter Schutz gestellt werden. Ein kürzlich gestarteter Versuch, die Weissen Haie in den
Appendix II von CITES aufnehmen zu lassen, scheiterte zumindest teilweise daran, dass
den CITES Mitgliederstaaten keine zuverlässigen und kostengünstigen Methoden zur
Verfügung stehen, Produkte von geschützten Haien als solche zu identifizieren.
In Zukunft kann die sehr zuverlässige und einfach zu handhabende Technik des Bi-
Organellen, pentaplexen PCR Tests für andere unter Schutz stehende Tier- und sogar
Pflanzenarten adaptiert werden und so der Kontrolle des globalen Handels mit diesen Arten
dienen.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info
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