Von Dr. Thomas Althaus
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Der Kiefer eines grossen Weissen Haies
(Carcharodon carcharias) kann auf dem Weltmarkt oft über
15 000 CHF kosten.
© Hai-Stiftung
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Einleitend sind ein paar Bemerkungen zu CITES erforderlich: CITES wird
etwa als «Artenschutzübereinkommen» bezeichnet. Dies ist irreführend.
CITES ist das «Übereinkommen über den internationalen Handel mit
gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen». Wie der Name ganz
klar besagt ist CITES eine Handelskonvention im Dienste des
Artenschutzes. CITES befasst sich mit dem grenzüberschreitenden
Verkehr (Einfuhr, Ausfuhr, Wiederausfuhr, «Einbringen aus dem Meer»)
von lebenden Tieren und Pflanzen sowie - klar erkennbaren - tierischen
und pflanzlichen Erzeugnissen bestimmter Arten. Der Schutz von Tier
und Pflanzenarten in ihren Lebensräumen ist nicht primär Gegenstand
von CITES. Damit CITES im Sinne des Artenschutzes wirksam werden kann,
muss eine Art handelsrelevant sein, also international gehandelt und
dieser Handel erfasst werden. CITES befasst sich also mit
international gehandelten Arten. Zeigt es sich, dass sie durch diesen
internationalen Handel übernutzt werden bzw. dass sie durch diesen
internationalen Handel in ihrer Existenz - eventuell zusätzlich -
gefährdet werden, so können entsprechende Handelsverbote,
-einschränkungen, -regelungen usw. getroffen und damit die Erhaltung
bzw. eine nachhaltige Nutzung gesichert werden. Seltene, durch
Habitatverluste oder andere Einwirkungen gefährdete - aber nicht
international handelsrelevante - Arten zu ihrem Schutz in die Anhänge
von CITES aufzunehmen, bringt diesen Arten nichts. In solchen Fällen
müssen gezielte lokale bzw. nationale Schutzmassnahmen und -regelungen
getroffen werden.
Wie im nachfolgenden Text gezeigt werden wird, trifft das Gesagte in
besonderem auch auf das Haiproblem zu. Es gab (und gibt) Warnzeichen
dafür, dass Haie offenbar übernutzt wurden bzw. übernutzt werden. Dies
trifft jedoch nicht generell auf die etwa 460 Arten zu. Es kam denn
auch sogleich die Gegenfrage, welche Arten und welche Bestände davon
betroffen sind. Da aber bisher kaum Fangstatistiken geführt wurden und
auch weder der Inland- noch der internationale Handel erfasst wurden
und auch ein eklatanter Mangel an Untersuchungen zum
Populationsstatus der Haiarten festgestellt wurde, lag praktisch kein
Datenmaterial vor, welches a) die Vermutungen einer Übernutzung
bestätigen konnte, noch b) verlässliche Angaben über einen vermuteten
Rückgang machen konnte. Auf dieser Basis konnte/kann kein Antrag für
die Aufnahme einer Art in einen Anhang von CITES vorgelegt werden.
Die Aufnahme von Arten in die CITES Anhänge (Schutzstufen) erfolgt
nämlich nach definierten Regeln. Es sind, bis zu einem bestimmten
Zeitpunkt vor der Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien
(COP), entsprechend ausformulierte Anträge einzureichen. Die Anträge
müssen formalen Kriterien und inhaltlich diversen festgelegten
biologischen - und Handelskriterien entsprechen. Insbesondere müssen
die Angaben auch durch neuere Literatur bzw. wissenschaftliche
Publikationen belegt werden und es sind in jedem Fall Stellungnahmen
der Arealstaaten der betreffenden Art(en) einzuholen und in der
Antragstellung zu berücksichtigen.
Eine weitere grundsätzliche Schwierigkeit liegt darin, dass CITES im
Falle der Haie zu spät greift, nämlich erst dann, wenn die Tiere schon
gefangen und tot und der Schaden effektiv schon angerichtet ist. Eine
gezielte Haifischerei gibt es kaum, sondern in den meisten Fällen
handelt es sich um Beifänge in Netzen und an Angeln. Während die
Tiere, sofern sie noch lebten, früher nicht selten aus den Netzen
gelöst und wieder frei gesetzt wurden, werden sie heute offenbar
häufiger als willkommene Zusatzbeute betrachtet. Die Fischer aber
führten und führen auch heute oft noch keine Fangstatistik, ja sie
hatten/haben Schwierigkeiten einzelne Arten überhaupt erkennen zu
können. Ganze Tiere und Tierteile wurden/werden schon auf den
Fischerbooten vermischt und entweder unterschiedslos auf den lokalen
bzw. nationalen Märkten (wo CITES nicht greift) verkauft oder aber
gelangten/gelangen in den internationalen Handel. Was letzteren
betrifft, so sind dies oft Fleisch oder Erzeugnisse (Fasern, Suppen,
Knorpelprodukte), die kaum noch identifizierbar sind und kaum noch
einzelnen Arten zugeordnet werden können. CITES verlangt aber, wie
einleitend erwähnt, dass die den Bestimmungen unterworfenen Exemplare
klar erkennbar sein müssen.
Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, dass CITES sich mit
den Haien schwer tut.
An der 9. Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien (COP) in
Fort Lauderdale (USA) im Jahre 1994 waren die Haie erstmals offiziell
ein Thema in CITES. Die USA legten zum Thema des Handels mit Haiteilen
und Haiprodukten ein Diskussionspapier (9.58) vor. Sie wiesen dort
unter anderem darauf hin, dass in der Tat von rund 460 Haiarten etwa
100 gehandelt werden, insbesondere auch national, aber dass keine
internationale Organisation für das Management von Haien
verantwortlich ist und berechtigt ist, Empfehlungen über Quoten,
Minimalgrössen, Fangperioden, Fangregionen, Schutzzonen sowie
Fanggeräten und anderem zu erlassen. Weiterhin wies das Papier darauf
hin, dass weder Populationsdaten noch Fangstatistiken erhoben werden
und erhältlich sind und auch keine Angaben über den nationalen und
internationalen Handel gemacht werden können und es nicht zuletzt
deshalb schwierig ist eine Abnahme der Bestände nachzuweisen. Die USA
sahen denn auch ihr Papier als eine Startoffensive, sich im Rahmen von
CITES diesem Problem anzunehmen.
Die Initiative wurde jedoch keineswegs allgemein begrüsst. Es gab
manche, welche sagten, das Problem sei ausserhalb von CITES zu lösen.
CITES habe ausreichend zu tun, mit Tier- und Pflanzenarten, die
bereits in den Anhängen aufgeführt seien und könne sich nicht mit
einer 460 Arten umfassenden Tiergruppe befassen, die nicht Gegenstand
des Übereinkommens sei und wo die Probleme nicht primär im
internationalen Handel, sondern bei der Bewirtschaftung der Ressource
zu suchen seien.
Dennoch wurde eine Resolution verabschiedet (Conf. 9.17), mit welcher
die Vertragsparteien aufgefordert werden, dem Sekretariat alle
verfügbaren Informationen hinsichtlich des Handels mit Haien und deren
biologischem Status zu unterbreiten. Gleichzeitig wird unter anderen
das CITES Animals Committee (Tierausschuss) beauftragt, solche
Informationen sowie weitere, von der FAO (Organisation für Ernährung
und Landwirtschaft der Vereinten Nationen) und anderen internationalen
Fischerei-Bewirtschaftungsorganisationen zur Verfügung gestellte zu
prüfen. Ebenso wie den biologischen und den Handelsstatus der dem
internationalen Handel unterworfenen Haiarten zu ermitteln und die
Ergebnisse in einem Diskussionspapier zusammenzufassen.
An der 10. Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien (COP) 1997
in Harare (Zimbabwe) legte denn auch das CITES Sekretariat im Auftrag
des Animals Committee ein Diskussionspapier vor (Doc. 10.51). Es
handelte sich um ein 23-seitiges Dokument mit einem 28 Seiten starken
Anhang. Grundlagen waren Rapporte und Untersuchungen unter anderem aus
den USA und Japan, von der IUCN, TRAFFIC-WWF und der FAO. Es befasste
sich mit dem biologischen Status der Haie, den Faktoren, welche den
Status beeinflussen, dem Welthandel von Haiprodukten, der
statistischen Erfassung im Rahmen von Fischerei und Handel und den
Ursachen dafür, dass diese Daten immer noch Mängel aufweisen,
Managementmassnahmen, internationale Fischereiorganisationen und
wissenschaftliche Organisationen und ihre Rolle im Themenkreis, sowie
Schlussfolgerungen und 19 Empfehlungen. Unter anderem ergab sich, dass
die mangelhafte Erfassung von Daten in früheren Jahren und auch in
neuerer Zeit es nach wie vor schwierig machen, weder etwas über das
effektive Fangvolumen betreffend die einzelnen Arten auszusagen, noch
gesicherte Angaben über die Entwicklung der Fangtätigkeiten zu machen,
bzw. im Falle einer vermuteten Zunahme der Fangtätigkeit, die Gründe
dafür anzugeben. Entsprechendes gilt für den internationalen Handel.
Weder waren Daten über das Handelsvolumen vorhanden, noch Angaben über
die Herkunft der gehandelten Exemplare. Zudem wurde festgestellt, dass
die Kenntnisse über die Verbreitungsgebiete, die Bestandeszahlen, den
Status etc. der Haipopulationen im natürlichen Lebensraum nach wie
vor sehr mangelhaft sind.
Den internationalen Fischereiorganisationen wurde denn auch empfohlen
Reglemente zu schaffen, welche die Fischer verpflichten, Grundlagen
für die entsprechenden Daten zu liefern. Insbesondere wurde auch die
FAO aufgerufen, sich an diesen Projekten zu beteiligen und sie zu
fördern. Es wurde empfohlen, moderne Management- und schonendere
Fangmethoden zu entwickeln und durchzusetzen. Die
Vertragsstaatenkonferenz verabschiedete in der Folge zwei Beschlüsse
(10.73 und 10.74) welche eine enge Zusammenarbeit zwischen dem CITES
Animals Committee und dem CITES Sekretariat einerseits und der FAO,
sowie internationalen Fischereimanagement-Organisationen andererseits
vorsahen, um Richtlinien für einen Aktionsplan für die Erhaltung und
das Management von Haien ausarbeiten zu können. Gleichzeitig wurden in
einem weiteren Beschluss (10.48) die Vertragsstaaten aufgefordert,
artspezifische statistische Angaben über Fang und Handel von Haien zu
ermitteln. Zusätzlich wurde das Sekretariat beauftragt, unter anderem
mit der Weltzollunion Gespräche für eine Aufteilung des Zolltarifs (in
Haifleisch, Haiflossen, Haileder, Haiknorpel und andere Haiprodukte)
zu führen, um differenzierte Handelsdaten ermitteln zu können
(10.123).
Als Beitrag der Schweiz dazu und um die Vorbedingungen für eine
differenziertere Datenerfassung zu schaffen, wurde in einer
gemeinsamen Aktion des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) und des
Bundesamtes für Gesundheit (BAG) die Sachbezeichnung von Erzeugnissen
von und mit Haifleisch geändert: Bei allen Importen in die Schweiz
sowie beim Verkauf im Inland für alle Lebensmittel aus oder mit
Haifleisch muss seit Februar 1998 zwingend die Haiart angegeben sein.
An der 15. Tagung des CITES Animals Committees 1999 legte die FAO
einen Bericht über die bisher im Nachgang zur CITES Resolution Conf.
9.17 unternommenen Aktivitäten vor (Doc. AC.15.7.1). Daraus ist zu
sehen, dass es zuerst einmal weitgehend darum ging, Grundlagen zu
erarbeiten. Eine vorläufige Beurteilung des biologischen Status
diverser Haiarten war notwendig, eine Revision des Standardwerkes
«Sharks of the World», eine Übersicht über die Durchführung der
Haifischerei und von Schutzmassnahmen und eine Übersicht über den
Handel mit Haien und Haiprodukten. Gleichzeitig aber wurde auch zum
Ziel gesetzt, Richtlinien für Aktionspläne auf nationaler Ebene für
die Erhaltung und das Management von Haibeständen zu erarbeiten. Aus
dem Bericht ging hervor, dass beabsichtigt war, die diversen
Aktivitäten bis zum Jahr 2000 abzuschliessen.
An derselben Tagung wurde ein Internationaler Aktionsplan für die
Erhaltung und das Management von Haien (IPOA-SHARKS) vorgelegt, den
das Committee on Fisheries der FAO im Frühjahr 1999 verabschiedet
hatte (Doc. AC.15.7.2). Die Betonung liegt dabei auf international,
das heisst, man wollte ein überregional wirksames
Managementhilfsmittel entwickeln. Acht der bedeutendsten
internationalen Fischereiorganisationen unterstützten das Projekt. Der
Plan enthält 31 Punkte über die zu erreichenden Ziele zu einer
nachhaltigen Nutzung und Erhaltung der Haibestände und den Weg, um
diese zu erreichen. Ein Monitoring unter Führung der FAO ist ebenso
vorgesehen, wie eventuelle Verbesserungen nach den ersten Erfahrungen.
An der 11. CITES Vertragsstaatenkonferenz im Jahre 2000 wurde
beschlossen, dass der Präsident des Animals Committees in
regelmässigen Kontakten mit der FAO die Umsetzung dieses
internationalen Aktionsplanes verfolgen und an der nächsten
Vertragsstaatenkonferenz (im November 2002) darüber berichten soll.
Inzwischen, nämlich an der 17. Tagung des CITES Animals Committees
2001, konnte der Präsident bereits Erfreuliches berichten: Die FAO
hat ihre Richtlinien zur Umsetzung des IPOA-SHARKS, welche auch dazu
dienen können, nationale Aktionspläne zu entwickeln, veröffentlicht.
Zwei bedeutende internationale Fischereiorganisationen (IATTC und
ICCAT) hatten die Forderungen des IPOA-SHARKS bei Ausarbeitung ihrer
neuesten Fangrichtlinien bereits berücksichtigt. 15 bedeutende
Fischfangländer haben Erfassungen ihrer Haibestände durchgeführt und
die Fertigstellung nationaler Aktionspläne angekündigt.
Zusammenfassend heisst dies: Die Probleme der Bestandeserfassungen,
Fang- und Handelsdatenermittlungen, Massnahmen zur Vermeidung der
Übernutzung der Haibestände, welche, wie erwähnt, nicht in erster
Linie eine CITES-Angelegenheit sind, sind an die effektiv für das
Problem Zuständigen, nämlich an die internationalen
Fischfangorganisationen und nationalen Fischereibehörden, delegiert
worden. Diese haben sich den Aufgaben mit Engagement gestellt und -
unter Führung der FAO - begonnen, entsprechende Pläne auszuarbeitent.
Es gilt nun die weitere Entwicklung abzuwarten. Im Interesse der
Haibestände bleibt zu hoffen, dass die Absichtserklärungen Aktions-
und Managementpläne sowie die anderen, durchaus ernstgemeinten
Anstrengungen auch Früchte tragen werden.
Abschliessend sei erwähnt, dass an der 11. CITES
Vertragsstaatenkonferenz im Jahre 2000 auch drei Anträge zur Aufnahme
von drei Haiarten vorgelegt wurden. So sollte der Grosse Weisse Hai
(Carcharodon carcharias) auf den Anhang I und der Walhai (Rhincodon
typus) sowie der Riesenhai (Cetorhinus maximus) in den Anhang II
aufgenommen werden. Keiner der Anträge fand jedoch die erforderliche
Mehrheit. Hauptsächlich wurde wiederum argumentiert, die Probleme
seien ausserhalb von CITES zu lösen. Es wurde unter anderem darauf
hingewiesen, man könne einen solche Antrag nicht mit den Gefahren der
Beifänge und die Sportfischerei begründen. Diese Probleme seien anders
zu lösen, nämlich beispielsweise mit besserer Regelung und Kontrolle
der Fischerei, Verbesserung der Fischereigeräte und einem Verbot der
Sportfischerei auf Grosse Weisse Haie. Grossbritannien fand sich mit
der Ablehnung des eigenen Antrages (Riesenhai auf Anhang II) nicht ab
und teilte im Anschluss an die Vertragsstaatenkonferenz mit, dass es
den Riesenhai, was Grossbritannien betrifft, auf den Anhang III
setzt. Dies bedeutet, dass für die Aus- und Einfuhren von
Riesenhaiexemplaren (also auch Teilen und Erzeugnissen) aus
Grossbritannien dieselben Kriterien gelten, wie für Anhang II
Exemplare. Dies trug England unter anderem den Vorwurf ein, es könne
nicht über die eventuell in internationalen Weltmeeren gefangene
Riesenhaie einfach verfügen und sie quasi als Eigentum betrachten.
Die Anträge für die nächste Vertragsstaatenkonferenz im November 2002
liegen noch nicht vor. Es ist trotz des Misserfolgs der Anträge an der
letzten Tagung erneut mit Anträgen, welche Haiarten betreffen, zu
rechnen. Sie werden, wie immer, aufgrund der festgelegten CITES
Beurteilungskriterien und der speziellen, hier dargelegten Situation,
was die Haie betrifft, zu überprüfen sein.
* Dr. Thomas Althaus ist CITES Verantwortlicher
beim Schweizer Bundesamt für Veterinärwesen.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. Thomas Althaus
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