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Shark Info   (27.03.2002)

Author

  Intro:

Haie und CITES

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  Hauptartikel:

Haie und CITES

Dr. Thomas Althaus

  Artikel 1:

Haie in Forschung und Wirtschaft

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  Artikel 2:

Die Verbreitung des Weissen Haies wird durch das Geschlecht beeinflusst

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  Artikel 3:

Erweiterte Nische für den Weissen Hai

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  Artikel 4:

Fragen und Antworten (Fortsetzung)

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  Artikel 5:

E. Ritter verlässt Shark Info und die Hai-Stiftung

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  Fact Sheet:

Hundshai

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Haie und CITES

Von Dr. Thomas Althaus

Kiefer

Der Kiefer eines grossen Weissen Haies (Carcharodon carcharias) kann auf dem Weltmarkt oft über 15 000 CHF kosten.

© Hai-Stiftung

Einleitend sind ein paar Bemerkungen zu CITES erforderlich: CITES wird etwa als «Artenschutzübereinkommen» bezeichnet. Dies ist irreführend.

CITES ist das «Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen». Wie der Name ganz klar besagt ist CITES eine Handelskonvention im Dienste des Artenschutzes. CITES befasst sich mit dem grenzüberschreitenden Verkehr (Einfuhr, Ausfuhr, Wiederausfuhr, «Einbringen aus dem Meer») von lebenden Tieren und Pflanzen sowie - klar erkennbaren - tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen bestimmter Arten. Der Schutz von Tier und Pflanzenarten in ihren Lebensräumen ist nicht primär Gegenstand von CITES. Damit CITES im Sinne des Artenschutzes wirksam werden kann, muss eine Art handelsrelevant sein, also international gehandelt und dieser Handel erfasst werden. CITES befasst sich also mit international gehandelten Arten. Zeigt es sich, dass sie durch diesen internationalen Handel übernutzt werden bzw. dass sie durch diesen internationalen Handel in ihrer Existenz - eventuell zusätzlich - gefährdet werden, so können entsprechende Handelsverbote, -einschränkungen, -regelungen usw. getroffen und damit die Erhaltung bzw. eine nachhaltige Nutzung gesichert werden. Seltene, durch Habitatverluste oder andere Einwirkungen gefährdete - aber nicht international handelsrelevante - Arten zu ihrem Schutz in die Anhänge von CITES aufzunehmen, bringt diesen Arten nichts. In solchen Fällen müssen gezielte lokale bzw. nationale Schutzmassnahmen und -regelungen getroffen werden.

Wie im nachfolgenden Text gezeigt werden wird, trifft das Gesagte in besonderem auch auf das Haiproblem zu. Es gab (und gibt) Warnzeichen dafür, dass Haie offenbar übernutzt wurden bzw. übernutzt werden. Dies trifft jedoch nicht generell auf die etwa 460 Arten zu. Es kam denn auch sogleich die Gegenfrage, welche Arten und welche Bestände davon betroffen sind. Da aber bisher kaum Fangstatistiken geführt wurden und auch weder der Inland- noch der internationale Handel erfasst wurden und auch ein eklatanter Mangel an Untersuchungen zum Populationsstatus der Haiarten festgestellt wurde, lag praktisch kein Datenmaterial vor, welches a) die Vermutungen einer Übernutzung bestätigen konnte, noch b) verlässliche Angaben über einen vermuteten Rückgang machen konnte. Auf dieser Basis konnte/kann kein Antrag für die Aufnahme einer Art in einen Anhang von CITES vorgelegt werden. Die Aufnahme von Arten in die CITES Anhänge (Schutzstufen) erfolgt nämlich nach definierten Regeln. Es sind, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien (COP), entsprechend ausformulierte Anträge einzureichen. Die Anträge müssen formalen Kriterien und inhaltlich diversen festgelegten biologischen - und Handelskriterien entsprechen. Insbesondere müssen die Angaben auch durch neuere Literatur bzw. wissenschaftliche Publikationen belegt werden und es sind in jedem Fall Stellungnahmen der Arealstaaten der betreffenden Art(en) einzuholen und in der Antragstellung zu berücksichtigen.

Eine weitere grundsätzliche Schwierigkeit liegt darin, dass CITES im Falle der Haie zu spät greift, nämlich erst dann, wenn die Tiere schon gefangen und tot und der Schaden effektiv schon angerichtet ist. Eine gezielte Haifischerei gibt es kaum, sondern in den meisten Fällen handelt es sich um Beifänge in Netzen und an Angeln. Während die Tiere, sofern sie noch lebten, früher nicht selten aus den Netzen gelöst und wieder frei gesetzt wurden, werden sie heute offenbar häufiger als willkommene Zusatzbeute betrachtet. Die Fischer aber führten und führen auch heute oft noch keine Fangstatistik, ja sie hatten/haben Schwierigkeiten einzelne Arten überhaupt erkennen zu können. Ganze Tiere und Tierteile wurden/werden schon auf den Fischerbooten vermischt und entweder unterschiedslos auf den lokalen bzw. nationalen Märkten (wo CITES nicht greift) verkauft oder aber gelangten/gelangen in den internationalen Handel. Was letzteren betrifft, so sind dies oft Fleisch oder Erzeugnisse (Fasern, Suppen, Knorpelprodukte), die kaum noch identifizierbar sind und kaum noch einzelnen Arten zugeordnet werden können. CITES verlangt aber, wie einleitend erwähnt, dass die den Bestimmungen unterworfenen Exemplare klar erkennbar sein müssen.

Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, dass CITES sich mit den Haien schwer tut.

An der 9. Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien (COP) in Fort Lauderdale (USA) im Jahre 1994 waren die Haie erstmals offiziell ein Thema in CITES. Die USA legten zum Thema des Handels mit Haiteilen und Haiprodukten ein Diskussionspapier (9.58) vor. Sie wiesen dort unter anderem darauf hin, dass in der Tat von rund 460 Haiarten etwa 100 gehandelt werden, insbesondere auch national, aber dass keine internationale Organisation für das Management von Haien verantwortlich ist und berechtigt ist, Empfehlungen über Quoten, Minimalgrössen, Fangperioden, Fangregionen, Schutzzonen sowie Fanggeräten und anderem zu erlassen. Weiterhin wies das Papier darauf hin, dass weder Populationsdaten noch Fangstatistiken erhoben werden und erhältlich sind und auch keine Angaben über den nationalen und internationalen Handel gemacht werden können und es nicht zuletzt deshalb schwierig ist eine Abnahme der Bestände nachzuweisen. Die USA sahen denn auch ihr Papier als eine Startoffensive, sich im Rahmen von CITES diesem Problem anzunehmen.

Die Initiative wurde jedoch keineswegs allgemein begrüsst. Es gab manche, welche sagten, das Problem sei ausserhalb von CITES zu lösen. CITES habe ausreichend zu tun, mit Tier- und Pflanzenarten, die bereits in den Anhängen aufgeführt seien und könne sich nicht mit einer 460 Arten umfassenden Tiergruppe befassen, die nicht Gegenstand des Übereinkommens sei und wo die Probleme nicht primär im internationalen Handel, sondern bei der Bewirtschaftung der Ressource zu suchen seien.

Dennoch wurde eine Resolution verabschiedet (Conf. 9.17), mit welcher die Vertragsparteien aufgefordert werden, dem Sekretariat alle verfügbaren Informationen hinsichtlich des Handels mit Haien und deren biologischem Status zu unterbreiten. Gleichzeitig wird unter anderen das CITES Animals Committee (Tierausschuss) beauftragt, solche Informationen sowie weitere, von der FAO (Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinten Nationen) und anderen internationalen Fischerei-Bewirtschaftungsorganisationen zur Verfügung gestellte zu prüfen. Ebenso wie den biologischen und den Handelsstatus der dem internationalen Handel unterworfenen Haiarten zu ermitteln und die Ergebnisse in einem Diskussionspapier zusammenzufassen. An der 10. Tagung der Konferenz der CITES Vertragsparteien (COP) 1997 in Harare (Zimbabwe) legte denn auch das CITES Sekretariat im Auftrag des Animals Committee ein Diskussionspapier vor (Doc. 10.51). Es handelte sich um ein 23-seitiges Dokument mit einem 28 Seiten starken Anhang. Grundlagen waren Rapporte und Untersuchungen unter anderem aus den USA und Japan, von der IUCN, TRAFFIC-WWF und der FAO. Es befasste sich mit dem biologischen Status der Haie, den Faktoren, welche den Status beeinflussen, dem Welthandel von Haiprodukten, der statistischen Erfassung im Rahmen von Fischerei und Handel und den Ursachen dafür, dass diese Daten immer noch Mängel aufweisen, Managementmassnahmen, internationale Fischereiorganisationen und wissenschaftliche Organisationen und ihre Rolle im Themenkreis, sowie Schlussfolgerungen und 19 Empfehlungen. Unter anderem ergab sich, dass die mangelhafte Erfassung von Daten in früheren Jahren und auch in neuerer Zeit es nach wie vor schwierig machen, weder etwas über das effektive Fangvolumen betreffend die einzelnen Arten auszusagen, noch gesicherte Angaben über die Entwicklung der Fangtätigkeiten zu machen, bzw. im Falle einer vermuteten Zunahme der Fangtätigkeit, die Gründe dafür anzugeben. Entsprechendes gilt für den internationalen Handel. Weder waren Daten über das Handelsvolumen vorhanden, noch Angaben über die Herkunft der gehandelten Exemplare. Zudem wurde festgestellt, dass die Kenntnisse über die Verbreitungsgebiete, die Bestandeszahlen, den Status etc. der Haipopulationen im natürlichen Lebensraum nach wie vor sehr mangelhaft sind.

Den internationalen Fischereiorganisationen wurde denn auch empfohlen Reglemente zu schaffen, welche die Fischer verpflichten, Grundlagen für die entsprechenden Daten zu liefern. Insbesondere wurde auch die FAO aufgerufen, sich an diesen Projekten zu beteiligen und sie zu fördern. Es wurde empfohlen, moderne Management- und schonendere Fangmethoden zu entwickeln und durchzusetzen. Die Vertragsstaatenkonferenz verabschiedete in der Folge zwei Beschlüsse (10.73 und 10.74) welche eine enge Zusammenarbeit zwischen dem CITES Animals Committee und dem CITES Sekretariat einerseits und der FAO, sowie internationalen Fischereimanagement-Organisationen andererseits vorsahen, um Richtlinien für einen Aktionsplan für die Erhaltung und das Management von Haien ausarbeiten zu können. Gleichzeitig wurden in einem weiteren Beschluss (10.48) die Vertragsstaaten aufgefordert, artspezifische statistische Angaben über Fang und Handel von Haien zu ermitteln. Zusätzlich wurde das Sekretariat beauftragt, unter anderem mit der Weltzollunion Gespräche für eine Aufteilung des Zolltarifs (in Haifleisch, Haiflossen, Haileder, Haiknorpel und andere Haiprodukte) zu führen, um differenzierte Handelsdaten ermitteln zu können (10.123).

Als Beitrag der Schweiz dazu und um die Vorbedingungen für eine differenziertere Datenerfassung zu schaffen, wurde in einer gemeinsamen Aktion des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) die Sachbezeichnung von Erzeugnissen von und mit Haifleisch geändert: Bei allen Importen in die Schweiz sowie beim Verkauf im Inland für alle Lebensmittel aus oder mit Haifleisch muss seit Februar 1998 zwingend die Haiart angegeben sein. An der 15. Tagung des CITES Animals Committees 1999 legte die FAO einen Bericht über die bisher im Nachgang zur CITES Resolution Conf. 9.17 unternommenen Aktivitäten vor (Doc. AC.15.7.1). Daraus ist zu sehen, dass es zuerst einmal weitgehend darum ging, Grundlagen zu erarbeiten. Eine vorläufige Beurteilung des biologischen Status diverser Haiarten war notwendig, eine Revision des Standardwerkes «Sharks of the World», eine Übersicht über die Durchführung der Haifischerei und von Schutzmassnahmen und eine Übersicht über den Handel mit Haien und Haiprodukten. Gleichzeitig aber wurde auch zum Ziel gesetzt, Richtlinien für Aktionspläne auf nationaler Ebene für die Erhaltung und das Management von Haibeständen zu erarbeiten. Aus dem Bericht ging hervor, dass beabsichtigt war, die diversen Aktivitäten bis zum Jahr 2000 abzuschliessen.

An derselben Tagung wurde ein Internationaler Aktionsplan für die Erhaltung und das Management von Haien (IPOA-SHARKS) vorgelegt, den das Committee on Fisheries der FAO im Frühjahr 1999 verabschiedet hatte (Doc. AC.15.7.2). Die Betonung liegt dabei auf international, das heisst, man wollte ein überregional wirksames Managementhilfsmittel entwickeln. Acht der bedeutendsten internationalen Fischereiorganisationen unterstützten das Projekt. Der Plan enthält 31 Punkte über die zu erreichenden Ziele zu einer nachhaltigen Nutzung und Erhaltung der Haibestände und den Weg, um diese zu erreichen. Ein Monitoring unter Führung der FAO ist ebenso vorgesehen, wie eventuelle Verbesserungen nach den ersten Erfahrungen. An der 11. CITES Vertragsstaatenkonferenz im Jahre 2000 wurde beschlossen, dass der Präsident des Animals Committees in regelmässigen Kontakten mit der FAO die Umsetzung dieses internationalen Aktionsplanes verfolgen und an der nächsten Vertragsstaatenkonferenz (im November 2002) darüber berichten soll. Inzwischen, nämlich an der 17. Tagung des CITES Animals Committees 2001, konnte der Präsident bereits Erfreuliches berichten: Die FAO hat ihre Richtlinien zur Umsetzung des IPOA-SHARKS, welche auch dazu dienen können, nationale Aktionspläne zu entwickeln, veröffentlicht. Zwei bedeutende internationale Fischereiorganisationen (IATTC und ICCAT) hatten die Forderungen des IPOA-SHARKS bei Ausarbeitung ihrer neuesten Fangrichtlinien bereits berücksichtigt. 15 bedeutende Fischfangländer haben Erfassungen ihrer Haibestände durchgeführt und die Fertigstellung nationaler Aktionspläne angekündigt. Zusammenfassend heisst dies: Die Probleme der Bestandeserfassungen, Fang- und Handelsdatenermittlungen, Massnahmen zur Vermeidung der Übernutzung der Haibestände, welche, wie erwähnt, nicht in erster Linie eine CITES-Angelegenheit sind, sind an die effektiv für das Problem Zuständigen, nämlich an die internationalen Fischfangorganisationen und nationalen Fischereibehörden, delegiert worden. Diese haben sich den Aufgaben mit Engagement gestellt und - unter Führung der FAO - begonnen, entsprechende Pläne auszuarbeitent. Es gilt nun die weitere Entwicklung abzuwarten. Im Interesse der Haibestände bleibt zu hoffen, dass die Absichtserklärungen Aktions- und Managementpläne sowie die anderen, durchaus ernstgemeinten Anstrengungen auch Früchte tragen werden.

Abschliessend sei erwähnt, dass an der 11. CITES Vertragsstaatenkonferenz im Jahre 2000 auch drei Anträge zur Aufnahme von drei Haiarten vorgelegt wurden. So sollte der Grosse Weisse Hai (Carcharodon carcharias) auf den Anhang I und der Walhai (Rhincodon typus) sowie der Riesenhai (Cetorhinus maximus) in den Anhang II aufgenommen werden. Keiner der Anträge fand jedoch die erforderliche Mehrheit. Hauptsächlich wurde wiederum argumentiert, die Probleme seien ausserhalb von CITES zu lösen. Es wurde unter anderem darauf hingewiesen, man könne einen solche Antrag nicht mit den Gefahren der Beifänge und die Sportfischerei begründen. Diese Probleme seien anders zu lösen, nämlich beispielsweise mit besserer Regelung und Kontrolle der Fischerei, Verbesserung der Fischereigeräte und einem Verbot der Sportfischerei auf Grosse Weisse Haie. Grossbritannien fand sich mit der Ablehnung des eigenen Antrages (Riesenhai auf Anhang II) nicht ab und teilte im Anschluss an die Vertragsstaatenkonferenz mit, dass es den Riesenhai, was Grossbritannien betrifft, auf den Anhang III setzt. Dies bedeutet, dass für die Aus- und Einfuhren von Riesenhaiexemplaren (also auch Teilen und Erzeugnissen) aus Grossbritannien dieselben Kriterien gelten, wie für Anhang II Exemplare. Dies trug England unter anderem den Vorwurf ein, es könne nicht über die eventuell in internationalen Weltmeeren gefangene Riesenhaie einfach verfügen und sie quasi als Eigentum betrachten. Die Anträge für die nächste Vertragsstaatenkonferenz im November 2002 liegen noch nicht vor. Es ist trotz des Misserfolgs der Anträge an der letzten Tagung erneut mit Anträgen, welche Haiarten betreffen, zu rechnen. Sie werden, wie immer, aufgrund der festgelegten CITES Beurteilungskriterien und der speziellen, hier dargelegten Situation, was die Haie betrifft, zu überprüfen sein.

* Dr. Thomas Althaus ist CITES Verantwortlicher beim Schweizer Bundesamt für Veterinärwesen.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. Thomas Althaus



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modifiziert: 04.06.2016 11:48