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Shark Info   (15.03.2000)

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  Intro:

Aliwal Shoal

Shark Info

  Hauptartikel:

Aliwal Shoal Hart umkämpftes Paradies für Sandtigerhaie

Andrew C. Cobb

  Artikel 1:

Lebendgebären bei Haien

Prof. H. Greven

  Artikel 2:

Die Molekularbiologie hilft Haie zu schützen

Prof. M. S. Shivji

  Fact Sheet:

Sandtigerhaie

Dr. E. K. Ritter


Aliwal Shoal - Hart umkämpftes Paradies für Sandtigerhaie

Von Andrew C. R. Cobb

Sandtigerhai

Der Sandtigerhai (Carcharias taurus). Trotz seines Aussehens ist er harmlos.

© D. Perrine / Hai-Stiftung

50 km südlich von Durban, an der Küste von Kwazulu in Natal, Südafrika, liegt der kleine Ort Umkomaas, Ausgangspunkt für eine faszinierende Reise zu den Sandtigerhaien (Carcharias taurus) der «Aliwal Shoal» - Riffe.

Die Entstehung von Aliwal Shoal

Aliwal Shoal entstand vor etwa 80 000 Jahren aus einer Düne. Durch die Verschiebung der Kontinentalplatten stieg der Meeresspiegel des indischen Ozeans an und überflutete die Sanddüne. Über die Jahrtausende hinweg entstand so durch Muscheln und andere Riffbildner ein massiver Sandsteinkern.

Heute ist Aliwal Shoal die Heimat vieler Fische und anderer mariner Lebewesen. Es finden sich in dieser Region nicht nur Meeresschildkröten, Delphine und auch Buckelwale ein, sondern auch die berühmten Sandtigerhaie, die in Südafrika auch liebevoll «Raggies» genannt werden («Raggie» ist ein Kürzel für ragged-tooth shark, die englische Bezeichnung für Sandtigerhaie, Anm. der Red.).

Wanderrouten der Sandtigerhaie

Aguhlas

Die Agulhas Strömung.

© Shark Info

Die Sandtigerhaie unternehmen in südafrikanischen Gewässern jährliche Wanderungen und finden sich zwischen Ende Juni und Ende November in der Aliwal Shoal ein. Ende November verlassen sie die Regionen und schwimmen rund 300 km nördlich nach Cape Vidal, wo sie sich paaren. Die trächtigen Weibchen schwimmen danach bis hinauf nach Mozambique, wohin die Männchen jedoch schwimmen, ist ungeklärt. Der Agulhas-Strom (siehe Karte) bringt sie dann wieder nach Süden, wo sie nach rund 9 Monaten ihre Jungen vor Port Elisabeth und Plettenberg Bay zur Welt bringen. Dann beginnt die Wanderung von neuem.

Das Natal Shark Board schaltet sich ein

Es ist nicht einmal 20 Jahre her, als die ersten Taucher sich, trotz der Hai-Warnungen der lokalen Bevölkerung, in diese Gewässer wagten. Ich war Teil dieser ersten Gruppen und muss zugeben, dass auch ich damals erwartete, den «Weissen Hai» zu erleben. Doch entgegen unseren Befürchtungen kam es zu keinem Zwischenfall mit diesen Tieren.

Ich war damals Polizeitaucher und berichtete danach in unseren monatlichen Gruppentreffen über die Sandtigerhaie und ihr Verhalten. In dieser Gruppe war auch Graham Carter, der zu dieser Zeit der stellvertretende Direktor des NSB - Natal Shark Board - (halbstaatliches Institut für Haifragen, Anm. der Red.) war. Das NSB untersuchte zu jener Zeit bereits Sandtigerhaie, doch war ihnen Aliwal Shoal mit seinen Sandtigerhaien nicht bekannt. Entsprechend wurde 1984 beschlossen, eine Gruppe von Tauchlehrern auszubilden und sie Daten für das NSB sammeln zu lassen.

Umweltverschmutzung

Aliwal

Umkomaas und Aliwal.

© Shark Info

Die Aliwal Shoal ist ein Paradies für viele Arten, nicht nur für Sandtigerhaie, doch musste lange für dessen Erhalt gekämpft werden, und der Kampf ist noch nicht vorbei. Die Region von Aliwal Shoal lief in der Anfangszeit unserer Untersuchungen Gefahr, durch die Umweltverschmutzung, die die gesamte Südküste Natals beeinträchtigte, zerstört zu werden. Das Hauptproblem war die Zellulose-Fabrik SAICCOR in Umkomaas, die ihre gesamten Abwässer ungeklärt ins Meer entliess. Die Schwebestoffe reduzierten die Sichtweite auf weniger als einen Meter und der Schaum machte ganze Badestrände unbenutzbar. Doch auch regelmässige Massensterben von Fluss- und Meeresfischen war nichts Ungewöhnliches. Eine Lösung musste gefunden werden.

Der öffentliche Ärger über die Verschmutzung der Küsten Natals fand nach dem Regierungswechsel von 1994 ein offenes Ohr und das «Südküsten Pipeline Forum» wurde gegründet. Dieses Forum war einzigartig in der Geschichte Südafrikas, denn neben Vertretern der Behörden und der Industrie sassen die betroffenen Parteien mit am Tisch. Transparenz war angesagt. Zum ersten Mal war die Öffentlichkeit in einem derartigen Forum vertreten. Dies ist erstaunlich, denn unter der alten Regierung wurden sämtliche Emissionen von Fabriken hinter verschlossenen Türen behandelt.

Das Pipeline Forum gab Sozial- und Umweltverträglichkeits-Studien in Auftrag. Die Studie über den sozialen Aspekt der Umweltverschmutzung vom geographischen Institut der Universität Natal zeigte deutlich, dass der Wert sauberer Küsten wesentlich wichtiger ist, als die Gewinnoptimierung der betroffenen Industrien. Schlussendlich mussten die Eigentümer der drei grössten Meerespipelines Natals Millionen von Rand (mehrere hunderttausend Dollar) zahlen, um den Ozean und die Küsten zu reinigen. SAICCOR, die Zellulose-Fabrik von Umkomaas, musste ihre Pipeline von 3 auf 6 km verlängern und wurde gezwungen, ein spezielles Klärwerk einzurichten, das mindestens 50 000 der jährlich insgesamt 460 000 Tonnen Lignolsulfat, ein Nebenprodukt der Zellulose Verarbeitung, aus den Abwässern entfernt.

Die Massnahmen, vor allem die Verlängerung der Pipeline, zeigten schnell Wirkung. Die Strände vor Umkomaas sind jetzt wieder schaumfrei, das Meer wieder blau und auch in Aliwal ist die Sicht wesentlich besser geworden. Doch wäre es ein Irrtum, Entwarnung zu geben, denn es werden immer noch über 400 000 Tonnen Lignolsulfat jährlich ungeklärt ins Meer gepumpt.

Politische Wirren

Ich wies damals in vielen Vorträgen auf das Problem in Aliwal Shoal hin und konnte eine Gruppe Gleichgesinnter dazu bewegen, die «Aliwal Rescue Action Group» (Aliwal Rettungsaktionsgruppe) zu bilden. Diese Gruppe war sehr aktiv und erreichte Anfang 1994 eine Anhörung bei den verantwortlichen Regierungsstellen. Sowohl der afrikanische Umweltminister, als auch der damalige Direktor der marinen Fischereibehörde stimmten zu, dass diese Region geschützt werden müsse. Doch leider kam es anders als erhofft, denn 1994 kam der Regierungswechsel und der Umweltminister wurde ersetzt. Dies bedeutete das Ende der Initiative und eine neue Lösung musste gefunden werden. Wir einigten uns, dass ein Unterwasserpark gegründet werden müsse, der gleichzeitig alle verschiedenen Interessensgebiete abdeckt. Mit einem solchen Plan sprach ich bei der südafrikanischen Tourismusbehörde vor, worauf ein Workshop stattfand, der sich mit diesem Problem befasste. Eine entsprechende Initiative geht seither durch die Mühlen der Bürokratie.

Doch obwohl die Initiative bis heute nicht gutgeheissen ist, brachte der Regierungswechsel durchaus auch Positives. Der neue Umweltminister Kadar Asmal verhalf unter anderem der Behörde für Wasserbelange zu einer neuen, glaubhafteren Stellung. Dies war auch die Voraussetzung für den Erfolg des Südküsten Pipeline Forums.

Der Tauchtourismus stellt eine neue Bedrohung dar

Durch all die Verbesserungen der Wasserqualität ist es nun wieder attraktiv in den Riffen von Aliwal Shoal mit den Sandtigerhaien zu tauchen. Das wurde schnell von gierigen Tauchanbietern erkannt. An einem Wochenende sind bis zu 20 Tauchboote direkt um Aliwal Shoal versammelt, einige der Taucher sind sogar mit Harpunen ausgerüstet. Es ist ein Rennen gegen die Zeit, bis diese Region endlich unter Schutz gestellt wird, denn die permanenten Einbrüche der Taucher in die Ruhezonen der Sandtigerhaie werden diese Haie früher oder später vertreiben.

Unser Ziel

Es ist ein absolut faszinierendes Erlebnis, im Einklang mit dem Meer und den Sandtigerhaien zu tauchen. Wird man zum Teil ihrer Welt, kann man sie ungestört studieren und mit ihnen interagieren. Um zu gewährleisten, dass dies aber auch für spätere Generationen noch möglich sein wird, müssen wir zusätzliche Massnahmen fordern, die Aliwal-Shoal vor der Umweltverschmutzung und dem überbordenden Tauchtourismus zu schützen. Wir müssen Aliwal für die Sandtiger und uns erhalten. Wir dürfen uns nicht mit dem Erreichten zufriedengeben, sondern wir müssen weiter handeln, bevor es dafür zu spät ist.

* Andrew C. R. Cobb ist eine führende Persönlichkeit im Haischutz in der KwaZulu-Region und in Südafrika. Er war der erste, offiziell von der südafrikanischen Tourismusbehörde akkreditierte, Hai-Tauchlehrer und Hai-Führer.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Andrew C. R. Cobb



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modifiziert: 04.06.2016 11:48