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Shark Info   (20.12.2002)

Author

  Intro:

Fernortungs-Sonar bedroht die Ozeane

Shark Info

  Hauptartikel:

Fernortungs-Sonar bedroht die Ozeane

Dr. A. J. Godknecht

  Artikel 1:

Wal- und Riesenhaie endlich in Anhang II von CITES

Shark Info

  Artikel 2:

Hai-Forschungsreise in den Golf von Mexiko (Teil II)

Dr. A. J. Godknecht, Dr. G. D. Guex

  Fact Sheet:

Kubanischer Dornhai

Shark Info


Hai-Forschungsreise in den Golf von Mexiko (Teil II)

Von Dr. A. J. Godknecht, Dr. G. D. Guex

In Shark Info 3/2002 startete der Bericht über die Haiforschungsreise in den Golf von Mexiko. Wir setzen hier den Bericht fort. Aus aktuellem Anlass (Bericht über LFA Sonar in diesem Shark Info) haben wir uns entschlossen, den Bericht über die Fahrt der Oregon II in drei, statt in zwei Teilen zu bringen. Der letzte Teil des Berichtes kommt deshalb in Shark Info 1/2003.

Tag 5

Melissa und Jill tauchen auf und wir beginnen mit dem Abzählen der 100 Rundhaken, auf die wir dann die ziemlich glitschigen Makrelenviertel aufspiessen. Die Köderleinen werden dann möglichst parallel auf einen Holztisch gelegt, damit sie schnell griffbereit sind, wenn sie an die Longline geklinkt werden.

CTD

Das CTD wird nach Setzen der Longline zu Wasser gelassen.

© G. D. Guex

Heute Nacht ist Todd dran, uns beim Setzen der Longline zu helfen. Es bestehe eine Arbeitsteilung zwischen Crew und Wissenschaftlern, erklärt Mark. Die Crew bedient die Geräte, die Wissenschaftler machen den Rest. Nachdem die erste Boje und das Startgewicht draussen sind, klinkt Todd die Köderleinen alle 10 m in die langsam abspulende Longline ein. Dann geht’s zum Bug, um das CTD für die Messung der Wasserdaten herabzulassen. Ist das CTD wieder an Bord und mit Süsswasser gereinigt, heisst’s warten.

Eine halbe Stunde später ist unsere erste Longline zum Einholen bereit. Dieses Mal holen wir wieder eine Reihe von Scharfnasen und noch zwei grössere weibliche Spinnerhaie ein. Die Spinner werden nicht markiert sondern getötet, um genauer analysiert zu werden.

Mark hat auf jeder Reise eine Reihe von Anfragen verschiedener Labors nach Probenmaterial. Die einen möchten Fleischproben von Speisefischen, um sie auf Quecksilber und andere Schwermetalle hin zu untersuchen, andere wollen Fortpflanzungsorgane für entwicklungsbiologische Studien, wieder andere hätten gerne Otolithen (Gehörsteine) von Groupern, um Informationen über deren Alter und Wachstum zu erhalten und so weiter. Es gibt also immer einiges mehr zu tun, als den Fang nur zu markieren und wieder auszusetzen.
Scharfnasenhai

Ein Scharfnasenhai (Rhizoprionodon terranovae) wird mit gerade brutal anmutender Geschwindigkeit an Bord gezogen.

© G. D. Guex

Nächste Station: an der Longline sind nur ein paar tote Scharfnasen; ein trauriges Bild. Wir versuchen herauszufinden, warum der gesamte Fang tot ist. Am Grund sind laut CTD-Daten nur 0.6 ppm (parts per million, Teilchen pro Million) Sauerstoff. Viel zu wenig, als dass die Scharfnasen am Haken länger als ein paar Minuten überleben können.

Noch zwei Longlines, dann gibt es so gegen 6 Frühstück. Paul kredenzt jeden Morgen ein Frühstück, das in der Schweiz problemlos als reichhaltiges Mittagessen durchgehen würde. Zwischendurch sorgt er auch immer für frische Früchte, Gatorade, IceTea und natürlich literweise Kaffee. Bei den hier herrschenden Temperaturen muss man auf den Flüssigkeitshaushalt achten.

Bis zum Beginn der Tagschicht setzen wir insgesamt vier Longlines mit mässigem Erfolg, dafür wenigstens keine Toten mehr. Um 12 sind wir fertig, recht erledigt aber jetzt haben wir frei und Zeit, der Tagschicht mit John Carlson und seiner Girl-Group wieder über die Schultern zu schauen.

Tag 6

Wir kommen kaum aus dem Bett, der zweite Tag mit knapp 3 Stunden Schlaf. Aber wir sind ja schliesslich nicht jeden Tag auf einer Hai-Forschungsreise. Wir übernehmen die Longline, die die Tagschicht gesetzt hat. Die letzten drei Stationen befinden sich bereits im Einflussbereich des Mississippi-Deltas. Es ist flach hier und auch die Artenzusammensetzung der Fänge lässt es erkennen. An der Longline hängen über 20 Welse und zwei Sea Eels. Wir haben jedoch Glück. Zwischen den Welsen ziehen wir zwei Bullenhaie (Carcharhinus leucas) ans Boot. Sie sind zwar erst knapp 1.30 m lang, doch diese sehr massigen Haie sind bereits derart schwer, dass wir sie nicht an Bord ziehen können. Wir schätzen die Länge, bestimmen das Geschlecht, dann bekommen die Beiden noch einen Marker unter die Rückenflosse und werden durch Kappen der Köderleine wieder in die Freiheit entlassen.

Bis zur nächsten Station sind es drei Stunden Fahrt. Zeit, sich ein bisschen auszuruhen und sich an der Biologie zu erfreuen. Interessiert beobachten wir die springenden Fliegenden Fische im Lichtkegel des Deckscheinwerfers oder versuchen, die vorbeitreibenden Quallen zu bestimmen. Unsere beiden Girls verschwinden und sehen sich irgendwelche Serien oder DVDs im Fernsehzimmer an. Wie wir im Laufe der Reise feststellen, schien das ihre Hauptbeschäftigung zu sein, wenn sie nicht gerade arbeiteten oder schliefen.

Auch die nächste Station liegt im flachen Einflussbereich des Mississippi-Delta. Nach dem Setzen der Leine und ersten Daten vom CTD müssen wir jedoch für unseren Fang Schlimmstes befürchten, unten gibt es wieder nur 0.6 ppm Sauerstoff. Alle Haie, die wir hochziehen, unter ihnen zwei Spinnerhaie, sind tot.

Dasselbe bei der nächsten Station, doch hier haben wir – besser gesagt die Haie – Glück. Wir ziehen nur vier auf das Boot, drei Tote und einen 1.35 m Feinzahnhai (Carcharhinus isodon), der jedoch mehr tot als lebendig ist. Bei ihm muss es wirklich schnell gehen. Wir vermessen ihn, verzichten auf’s Markieren und werfen ihn so schnell als möglich zurück ins Wasser. Das letzte, das wir von ihm sehen ist, dass er langsam davonschwimmt und nicht einfach nach unten driftet, ein gutes Zeichen. Wir wünschen im viel Glück.

Tag 7

Nach 10 Stunden Schlaf sieht die Welt schon wesentlich klarer aus. Es ist dennoch ein eigenartiges Gefühl, wenn das Erste, was man Morgens halbwegs bewusst wahrnimmt, ein Mädchen mit einem Haikopf in der Hand ist.

Wir sind in der Zwischenzeit bei der 14. Station angekommen. Laut Tagschicht fangen wir kaum mehr Haie, seit dem wir das Mississippi-Delta verlassen haben. Wir bewegen uns jetzt weiter auf die offene See hinaus und bemerken den Unterschied an der Farbe des Wassers und den neuen Arten an der Leine. Der Golf ist hier auch wesentlich tiefer als in Küstennähe. Wir fangen zwei Red Snapper und einen Gelbband Grouper. Melissa ist begeistert, denn sie arbeitet mit diesen Groupern. Nachdem die Otolithen und ein paar Gewebeproben entnommen wurden, landen die Fische in der Küche. Pauls Küchengehilfe hat irgendwie einen sechsten Sinn und taucht immer genau dann auf, wenn wir etwas kulinarisch interessantes an Bord ziehen.

Kubanischer Dornhai

Die Augen des Kubanischen Dornhais sind riesig und scheinen grün zu leuchten.

© G. D. Guex

Während der ganzen Schicht fangen und markieren wir zwar insgesamt nur sechs Haie, doch dafür spezielle Formen. Ein Bogenstirn-Hammerhai Weibchen (Sphyrna lewini) und, an einer besonders tiefen Stelle in 150 m zwei kleine Kubanische Dornhaie (Squalus cubensis) mit riesigen, unter gewissem Lichteinfall grün leuchtenden Augen. Dies liegt am Lichtverstärker (Zona pellucida) hinter den Sehzellen. Diese so genannte Silberschicht reflektiert das Licht, ähnlich wie bei Katzen, und es fällt in fast doppelter Intensität auf die Sehzellen. Der siebte Tag, der vierte auf See, war äusserst spannend und, gut erholt, konnten wir auch das wunderbare Wetter und die ruhige See geniessen.

Fortsetzung im nächsten Shark Info

* Alexander J. Godknecht und Gaston D. Guex sind im Stiftungsrat der Hai-Stiftung und der Redaktion von Shark Info.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. A. J. Godknecht, Dr. G. D. Guex



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modifiziert: 04.06.2016 11:48