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Shark Info   (15.09.2000)

Author

  Intro:

AES-Tagung in La Paz, Mexiko

Shark Info

  Hauptartikel:

Walhaie: zentrales Thema an der AES-Tagung in La Paz, Mexiko

Shark Info

  Artikel 1:

Das Management von Haien und ihrer Verwandten

Shark Info

  Artikel 2:

Das brutale Geschäft mit Haiknorpel und Krebs

Dr. A. J. Godknecht

  Artikel 3:

Ein weiteres, marines Ökosystem in Südafrika in Gefahr?

Dr. E. K. Ritter

  Fact Sheet:

Walhaie

Dr. E. K. Ritter


Ein weiteres, marines Ökosystem in Südafrika in Gefahr?

Von Dr. E. K. Ritter

150 km westlich von Durban, zwischen Margate und Shelley Beach, liegt das ca. 1.6 km lange Riff «Protea Banks», ein bekannter Tauchort um Sandtigerhaie und verschiedene Riffhaiarten zu beobachten. Protea Banks liegt nur ungefähr 90 km südlich der Aliwal Shoal Riffe, über die wir in Shark Info 1/2000 berichtet haben. Auch dieses Gebiet scheint nun in Gefahr zu geraten, durch ein lokales Fischereiunternehmen ausgebeutet und zerstört zu werden. Shark Info Mitarbeiter Dr. Erich Ritter war vor Ort und berichtet über die momentane Situation.

Ausgangslage

Ein in Margate ansässiges Fischereiunternehmen wird, sofern die entsprechende Exportlizenz genehmigt wird, im Laufe der nächsten Monate 14 Tonnen kleinwüchsige Haie zum Verzehr nach Australien und Neuseeland exportieren. Der Grund, warum kleinwüchsige Tiere bevorzugt werden, ist ihr geringer Quecksilbergehalt. Die Region die befischt werden soll beschränkt sich dabei auf Protea Banks. Die intensive Befischung der Protea Banks Region würde unmittelbar zur Verarmung einer artenreichen Fauna und schlussendlich zur Zerstörung eines der beiden bekanntesten Tauchplätze Südafrikas führen.

Die Parteien

Paul Kolenda, der Besitzer des Fischereiunternehmens «Inyoni» erwähnte auf Anfrage lokaler Tauchanbieter, dass er über seinen Partner, Roger Holson, den Auftrag erhalten habe, die 14 Tonnen kleinwüchsige Haie zu fischen. Momentan liegt der wöchentliche Fang dieses Unternehmens bei 400 kg, und laut Auskunft von Paul Kolenda könnten mehrere 100 Tonnen pro Jahr gefangen werden, falls die nötige Infrastruktur vor Ort geschaffen würde. Dass es in der Anfangsphase nur gerade 14 Tonnen sein sollen, liegt daran, dass diese Menge einem regulären Frachtkontainer entspricht. Inyoni erhält seine Produkte von 25 verschiedenen kommerziellen Fischereien entlang der südafrikanischen Küste.

Protea Banks

Um diesen Grossauftrag ausführen zu können, müssten zusätzliche lokale Fischer unter Vertrag genommen werden, die pro Kilo Hai rund 6 Rand (ca. 1.60 CHF) verdienen würden. Vorraussetzung ist jedoch die Ausfuhrgenehmigung durch den Minister des Departements für Tourismus, Handel und Industrie Dr. Valli Moosa. Lokale Tauchanbieter versuchen, die Erteilung dieser Bewilligung zu verhindern, denn dies würde das Ende sowohl ihrer Unternehmen, als auch der Artenvielfalt und Attraktivität der Protea Banks bedeuten.

7000 US-Dollar pro Kopf

Wie schon in den Bahamas gezeigt werden konnte, weisen die lokalen Tauchanbieter auch im Fall Protea Banks darauf hin, dass ein lebender Hai wirtschaftlich wesentlich ertragsreicher ist, als ein toter. So wurde errechnet, dass ein einziges Tier rund 50 000 Rand pro Jahr (ca. 7000 Dollar oder 12 400 CHF) an Tourismusgeldern einbringt, ein totes hingegen, je nach Grösse, nur gerade einige hundert Dollar. Als Vergleichswert liegt der Wert eines Hais in den Bahamas bei ca. 30 000 Dollar oder 53 000 CHF.

Unkooperative lokale Fischer

Damit Inyoni-Fischerei die geforderte Quote erfüllen kann, müssten lokale Fischer angehalten werden, ihre Leinenfischerei auf die Region der Protea Banks zu konzentrieren. Momentan sieht es jedoch so aus, als hätten die lokalen Fischer kein besonders grosses Interesse, die kleinen Haie der Protea Banks zu fangen. Sie verdienen pro Kilogramm nur gerade 6 Rand. Für pelagische Haie (grosswüchsige Tiere) erhalten sie 13.50 Rand, also mehr als das Doppelte pro Kilogramm. Paul Kolenda von «Inyoni» versucht nun, Haifischer der Region um Durban nach Protea Banks zu bringen. Diese Fischer sind darauf spezialisiert, kleinwüchsige Arten zu fischen. Sollte Inyoni sein Kontingent nicht liefern können «gibt es andere Fischereiunternehmen, die dies tun können» so Roger Holson. Es wird vermutet, dass die Viking Fischerei der Kapregion bereits Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit einer Haiverarbeitungsfabrik an der Kwazulu-Natal Südküste durchgeführt hat.

Konsequenzen

Das Fangen kleinwüchsiger Haie stellt grosse ökologische Probleme dar. Leinenfischerei ist nicht selektiv und entsprechend kann nicht vorausgesagt werden, welche Haiarten befischt werden. Das Fischen auf kleine Haie beschränkt sich nicht nur auf kleinwüchsige Arten, sondern es werden auch kleine und junge Exemplare grosswüchsiger Arten weggefangen. Die Elimination von Jungtieren einer Population ist besonders gefährlich, denn sie hat zur Folge, dass die Zahl geschlechtsreifer Tiere und in Folge die gesamte Populationsgrösse massiv zurückgeht. Ein gutes Beispiel für einen solchen Mechanismus ist der Zusammenbruch der Dornhai-Populationen (Squalus acanthias) der Nordsee.

Vollkommen legal

Inyoni begibt sich mit dem Versuch, die Haie um Protea Banks zu befischen, nicht auf illegales Territorium. Cedric Cötzee und Jeremy Cliff vom Natal Sharks Board in Durban bestätigten, dass keine der befischten Haiarten auf der Liste bedrohter Arten ist.

Fazit

Das drohende Problem von Protea Banks ist nur eines der vielen Fischereiprobleme Südafrikas. So erlaubt die Regierung ausländischen Fangschiffen direkt in ihren Hoheitsgewässern legal Langleinenfischerei zu betreiben. Diese im grossen Rahmen durchgeführte Fischerei lässt Protea Banks winzig erscheinen, doch steht nicht nur der Erhalt eines lokalen Ökosystems auf dem Spiel, sondern auch der Tourismus einer ganzen Region. Es bleibt zu hoffen, dass Dr. Valli Moosa das Richtige tut, und die Exportgenehmigung verweigert.

* Dr. Erich K. Ritter ist Haibiologe und Adjunct Assistenz Professor an der Hofstra Universität, New York.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. E. K. Ritter



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modifiziert: 04.06.2016 11:48