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Shark Info   (15.09.2000)

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  Intro:

AES-Tagung in La Paz, Mexiko

Shark Info

  Hauptartikel:

Walhaie: zentrales Thema an der AES-Tagung in La Paz, Mexiko

Shark Info

  Artikel 1:

Das Management von Haien und ihrer Verwandten

Shark Info

  Artikel 2:

Das brutale Geschäft mit Haiknorpel und Krebs

Dr. A. J. Godknecht

  Artikel 3:

Ein weiteres, marines Ökosystem in Südafrika in Gefahr?

Dr. E. K. Ritter

  Fact Sheet:

Walhaie

Dr. E. K. Ritter


Das Management von Haien und ihrer Verwandten

Von Shark Info

Dieser Artikel basiert auf einer Zusammenfassung des AFS Policy Statements «Management of Sharks and their Relatives (Elasmobranchii)» mit freundlicher Genehmigung von J. A. Musick*, G. Burgess**, G. Cailliet***, M. Cahmi**** und S. Fordham*****.

Zusammenfassung

Die regionalen Institutionen in den USA müssen der Bewirtschaftung von Haien und Rochen einen hohen Stellenwert einräumen, da sie mit ihrer geringen Wachstumsrate sehr anfällig auf Überfischung und Zusammenfall der Bestände sind, so ein Vorschlag der «American Fisheries Society» (AFS).

Ausgangslage

Haie und Rochen umfassen ca. 1000 Arten, wobei die meisten eine langsame Wachstumsrate mit später Geschlechtsreife und eine geringe Ei- oder Nachwuchszahl haben. Solche Eigenschaften widerspiegeln eine geringe Populationsgrössenzunahme, verbunden mit einer grossen Anfälligkeit auf jede Form von Fischerei. Entsprechend ist eine Bewirtschaftung der Hai- und Rochenbestände unabdingbar. Dies war und ist für die Mehrheit dieser Fischereien, die sich weltweit entwickelten, jedoch nicht der Fall. Da viele dieser grossen Hai- und Rochenarten aber auch ein sehr ausgedehntes Wanderverhalten zeigen, ist es ebenfalls notwendig, dass nicht nur staatliche und nationale, sondern auch internationale Abkommen zur Bewirtschaftung erstellt werden müssen.

Geschichtliches

Cetorhinus maximus

Ein Riesenhai (Cetorhinus maximus). Sie sind nach den Walhaien die zweitgösste Haiart.

© J. Stafford-Deitsch

Einige gut dokumentierte Fälle zusammengebrochener Haibestände durch intensive Fischerei sind bekannt, wie beispielsweise für die Heringshaie (Lamna nasus) im nördlichen Atlantik, die Suppenflossenhaie (Galeorhinus galeus) Kaliforniens und Australiens, die Riesenhaie (Cetorhinus maximus) und Dornhaie (Squalus acanthias) der Nordsee, und in neuerer Zeit auch für die grossen Arten vor der Ostküste der USA. Die grösste Bedrohung scheint dabei von den Mischfischereien auszugehen, die sich nicht primär auf Haie oder Rochen konzentrieren, sondern generell alle Fischarten fangen. Für diese Fischer spielt es keine Rolle, ob die dabei gefangenen Haie und Rochen deutliche Abnahmen erleiden, da sie nicht die Zielgruppe dieser Fischerei darstellen. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass wenn Haie und Rochen in den Statistiken einmal aufgelistet sind, diese nicht als Einzelarten aufgeführt werden, sondern in «Haie» oder «Rochen» zusammenfasst, was unbemerkt zu starken Veränderungen der entsprechenden Populationen führen kann. Einige der grossen Hai- und Rochenarten besitzen eine Populationsdynamik, die eher den Walen oder Meeresschildkröten entspricht. Die beiden letzteren Gruppen sind weitgehend als bedrohte Arten erkannt, und entsprechende Schutzmassnahmen wurden ergriffen. Obwohl einige der Grossrochenarten ebenfalls vom Aussterben bedroht sind, existiert keine entsprechende, internationale [Anm. d. Red.] Regelung. Eine derartige Regelung fehlt auch für bedrohte Haiarten wie Sandtigerhaie, Düstere Haie und Nachthaie, die erst kürzlich vom «National Marine Fisheries Service» (NMFS, US Department of Commerce) wegen starker Abnahme der Bestände durch Überfischung auf die Kandidatenliste bedrohter Tierarten aufgenommen wurde.

Haifischerei

Auch wenn die Gefahr des Aussterbens einer Art erkannt wird, bedeutet das noch nicht, dass diese Art auch geschützt respektive vor weiterer Befischung befreit wird. So besitzt zum Beispiel der Düstere Hai (Carcharhinus obscurus) eine der langsamsten Wachstumskurven innerhalb der Wirbeltiere mit entsprechend spätem Erreichen der Geschlechtsreife (20 Jahre). Seine Bestände zeigten im westlichen Nordatlantik in den letzten Jahren einen 80-prozentigen Rückgang. Doch obwohl diese Art auf den entsprechenden Listen aufgeführt ist, können die Tiere nach wie vor gefischt werden, da die Bestimmungen aufgrund gerichtlicher Verfügung noch nicht in Kraft getreten sind.

Internationale Diskussionen zur Lage der Haie

Kürzlich diskutierte nun auch die FAO (Food and Agriculture Organization) die Lage der Haibestände auf weltweiter Basis und machte basierend auf einer Initiative der CITES (Convention on International Trade in Endangered Species) entsprechende Vorschläge bezüglich deren Bewirtschaftung. Ein Grossteil der schnell expandierenden Haifischerei wurde durch die Flossenfischerei angekurbelt. Der Bedarf an Haiflossen, hauptsächlich für Suppen verwendet, schnellte Mitte der 80er Jahre in die Höhe und der Marktwert von Flossen stieg von 1 Dollar pro Pfund auf mehr als 30 Dollar und höher. Bei der Flossenfischerei werden nur Flossen gelandet («Finning»), der Rest des Hais wird wieder ins Meer geworfen. Diese Methode ist nicht nur verschwenderisch, sondern auch unethisch und äusserst grausam und steht im Gegensatz zu den FAO Vorschlägen. Einige US-Staaten und der Fischereibewirtschaftungsplan des NMFS für atlantische Haie erklärten nun «Finning» entlang der Altantikküste und Teil der US-Pazifikküste als gesetzeswidrig.

Internationales Management

Küstennahe Haiarten der US-Atlantikregion unternehmen ausgedehnte Wanderungen und schwimmen in kälteren Jahreszeiten in südlichere Regionen. Hochseearten wie zum Beispiel der Kurzflossen-Mako (Isurus oxyrhynchus) und der Blauhai (Prionace glauca) wandern sogar über den gesamten Atlantik. Entsprechend brauchen solche Arten, die über Staatsgrenzen hinaus wandern, bilaterale und multilaterale Bewirtschaftungs-Vereinbarungen.

Vorschläge

Die nachfolgenden Vorschläge stammen auszugsweise aus «Management of Sharks and their Relatives» by J. A. Musick et al., AFS Policy Statement; mit freundlicher Genehmigung.

Bewirtschaftung: Bedingt durch die geringen Wachstumsraten vieler Hai- und Rochenarten, muss deren Bewirtschaftung eine hohe Dringlichkeit zugeschrieben werden, denn sonst drohen durch Überfischung Populationszusammenbrüche. Fischereifachleute müssen besonderes Augenmerk auf die Hai- und Rochenarten legen, die weniger produktiv sind und in der Mischfischerei gefangen werden. Dabei sollten die Bewirtschafter die Biomasse der Populationen über den Niveaus halten, die normalerweise als ausreichend angesehen werden.

Verfügungen: Eine Bewirtschaftung sollte vermehrt Augenmerk darauf legen, dass durch entsprechende Quotenregelung und Grössenbeschränkung keine Jungtiere überbefischt werden, um einen entsprechenden Nachwuchs zu garantieren. Eine Bewirtschaftung sollte den gesamten Haikörper verwenden, und «Finning» als solches generell und weltweit [Anm. d. Red.] verboten werden. Es sollte gesetzlich verankert werden, dass noch lebende Haie vom Haken gelöst und wieder freigelassen werden müssen.

Übereinkunft: Zwischen Fischereinationen müssen multilaterale Abkommen für weit wandernde Arten getroffen werden. Die USA soll ihre Führungsrolle bei der Anwendung internationaler Vorschläge weiterhin beibehalten und mit technischer und finanzieller Unterstützung anderen Nationen helfen, lokale Haibewirtschaftungspläne in die Wege zu leiten.

Wissenschaft: Forschungsprojekte über Fischerei-Praktiken sollten unterstützt werden, die den Beifang von Haien und Rochen reduzieren und deren Überlebensrate nach Wiederfreilassung erhöht.

*

J. A. Musick ist Leiter des Programms für Wirbeltierökologie und Systematik am VIMS (Virginia Institute of Marine Science), Gloucester Point, USA.

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G. Burgess ist Vizepräsident der IUCN/SSC Haispezialisten-Gruppe, Florida Museum, Gainesville, USA.

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G. Cailliet ist Professor am «Moss Landing Marine Laboratories», Kalifornien, USA.

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M. Camhi ist stellvertretende Leiterin der IUCN/SSC Haispezialisten-Gruppe, Living Oceans Program, Islip, New York.

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S. Fordham ist Fischerei-Projektleiterin des «Center for Marine Conservation», Washington, DC.

Weiterführende Literatur

    Musick, J. A. (1999). Ecology and conservation of long-lived marine animals. Page 1-10 in J. A. Musick, ed. Life in the slow lane: ecology and conservation of long-lived marine animals. Am. Fish. Soc. Symp. 23.

    Musick, J. A. (1999). Criteria to define extinction risk in marine fishes. The American Fisheries Society initiatives. Fisheries 24(12): 6-14.

Weitere Literaturangaben zum Thema erhalten Sie vom Shark Info Büro.

Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Shark Info



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modifiziert: 04.06.2016 11:48