Von Dr. A. J. Godknecht
Haiknorpel - pulverisiert oder in Pillenform - wird als «edler Fitmacher» für
gestresste Zeitgenossen vermarktet. Hauptsächlich als Nahrungsmittelzusatz
verkauft, wird dem Haiknorpel leider häufig auch eine Art Anti-Krebswirkung
zugeschrieben. So füllen diese Präparate die Kassen auf Kosten der Haie. Die
Produkte zielen nicht nur auf die Gesundheitsfanatiker, sondern auch auf den Markt
von Millionen von verzweifelten Krebskranken.
Die meisten Firmen sind jedoch
schlau genug, ihre Produkte nicht als Medikamente gegen Krebs anzupreisen, denn
das wäre illegal. Fakt ist: Haiknorpel wurde bis heute von keiner
Zulassungsbehörde für Medikamente als Heilmittel akzeptiert. Die Wirkung der
Knorpelpräparate gegen Krebs und andere entzündliche Erkrankungen wird
entsprechend «nur» als angenehmer Zusatzeffekt kaschiert. Potentielle Kunden
werden jedoch durch das Zitieren äusserst fragwürdiger medizinischer Publikationen
sehr schnell auf diese Effekte aufmerksam gemacht.
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Hai-Knorpelskelett.
© Hai-Stiftung
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«Sharks don't
get cancer» oder in der deutschen Ausgabe «Warum Haie gegen Krebs immun sind»
lautete der Titel des Buches von Dr. William I. Lane, das Anfang der 90er Jahre
den «Run» auf Haiknorpel ins Rollen brachte. Es basierte auf einer Untersuchung
von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) von 1983, die
feststellten, dass Knorpel von Kälbern und Haien die Blutversorgung und somit -
indirekt - das Wachstum von Tumoren beeinträchtigte. Das Buch pries unter
Zitierung fragwürdiger Studien Haiknorpel als All«Hai»lmittel gegen Krebs. Ein
schlauer Schachzug, denn der geschäftstüchtige Agro-Biochemiker William Lane war
seines Zeichens Präsident der amerikanischen Fischmehl-Handelsvereinigung und
untersuchte im Auftrag der damaligen Reagan-Administration
Investitionsmöglichkeiten in die Fischindustrie von Guinea. Ein wirksames
Krebsmittel versprach ein Milliardengeschäft, unter anderem auch für Lane, der
selbst Inhaber einer der grössten Firmen für Haiprodukte war.
- Haie bekommen Krebs. Bis heute wurden im wissenschaftlichen «Tumor Register von
niederen Tieren» der George Washington Universität und in wissenschaftlichen
Publikationen ca. 23 Krebsarten bei Haien registriert. Unter anderen auch
Chondromas, also Knorpelkrebsarten.
- Noch nicht genauer bekannte aktive Stoffe
in Knorpel (unter anderem auch in Haiknorpel) haben eine wachstumshemmende Wirkung
auf gewisse Tumore.
- Es ist bis heute keine seriöse wissenschaftliche Studie
bekannt, in der eine Haiknorpelkur nachweislich eine Wirkung auf menschlichen
Krebs zeigte. Haiknorpelpräparate werden in der Regel oral oder als Einlauf
verabreicht. Es ist möglich, dass die krebshemmenden Bestandteile, die zwar bei
direkter Applikation in unmittelbarer Nähe des Tumors Wirkung zeigen, oral
verabreicht im Magen verdaut oder durch die Magensäure zerstört werden.
- Eine potentiell krebshemmende Wirkung ist nicht auf Haiknorpel beschränkt. Wie unter
anderem in den Versuchen am MIT (1983) gezeigt werden konnte, zeigt auch
Kälberknorpel eine ähnliche Wirkung.
Am 30. Juni 2000 kam es nun zur ersten nennenswerten Verurteilung eines
Haiknorpelpräprate-Produzenten. Die amerikanische Handelskommission FTC (Federal
Trade Commission) forderte Lane Labs-USA Inc. und «Cartilage Consultants» zur
sofortigen Einstellung der Vermarktung von Hai-Knorpel als Heilmittel gegen Krebs
auf. Andrew Lane, dem Präsidenten von Lane Labs und seinem Vater, dem bereits
bekannten Dr. William I. Lane und Eigentümer von Cartilage Consultants wurde
vorgeworfen, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gemeinsame Sache bei der
Vermarktung des Haiknorpelpräparates «BeneFin» und der Sonnencreme «SkinAnswer»
gemacht zu haben. Lane Labs wurde zusätzlich zu 1 Million US Dollar Strafe wegen
unlauterer Werbung verklagt.
Der Fall hatte sich schon über Monate hingezogen. Am
10. Dezember 1999 ging die Food and Drug Administration (FDA), die US Behörde, die
unter anderem sämtliche medizinischen Präparate in den USA kontrolliert, wegen
BeneFin und SkinAnswer vor Gericht. Der Fall wurde in der Folge von der FTC
übernommen. Seither haben die Firmen erfolglos versucht, Kongressabgeordnete für
ihre Sache einzuspannen und immer wieder argumentiert, dass sie grundlos angeklagt
würden und die amerikanische Regierung nur versuchen würde, Bürger daran zu
hindern «sichere und heilsame Nahrungszusätze» zu kaufen.
Beide Firmen akzeptierten aber schlussendlich sowohl die Verfügung als auch die Strafe.
BeneFin und SkinAnswer werden nicht mehr als «klinisch getestete»
Krebsmittel vermarktet. Die eine Million Dollar Strafe wird aufgeteilt.
550 000 Dollar gehen direkt in
Form einer Strafe an die US Handelskommission. Die verbleibenden 450 000 Dollar
kommen einem Forschungsprojekt über Haiknorpel des Nationalen Krebs Institutes
zugute.
Normalerweise schreitet die FTC nicht derart massiv bei unlauteren
Werbekampagnen ein. In diesem Fall, so Darren Bowie von der FTC, ordnete die
Kommission jedoch eine drastische Strafe an, da die Firmen die Ängste einer
speziell empfindlichen Bevölkerungsgruppe für ihren Vorteil ausnutzten.
In Europa stehen ähnliche Entscheidungen noch aus. Eventuell ist es hier
schwieriger als in den USA, Vorspiegelung falscher Tatsachen nachzuweisen.
Formulierungen wie «eine Reihe von Untersuchungen in verschiedenen
wissenschaftlichen Zentren der USA und in Europa haben gezeigt, dass der tropische
Haifisch-Knorpel ein starker Gegner der Krebserkrankungen sein kann» sind legal,
da sie nicht direkt falsch sind, sie gaukeln jedoch den Kunden in direktem
Zusammenhang mit Haiknorpel-Pillen eindeutig falsche Tatsachen vor.
Haiknorpelpräparate werden in der Schweiz zum Beispiel von der GLOBAL TRADING
S.a.g.l. - Div. PHARMA in Bioggio (Ti) unter dem Namen «Same» vertrieben
(http://www.same.ch). Literaturangaben zum Thema erhalten Sie vom Shark Info Büro.
* Dr. Alexander Godknecht ist Biologe,
Präsident der Hai-Stiftung/Shark Foundation und
Mitglied der Shark Info Redaktion. Er arbeitet am Zentrum Informatikdienste der
Universität Zürich.
Veröffentlichung nur mit Quellenangabe: Shark Info / Dr. A. J. Godknecht
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